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Jubiläen 2007 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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mühte sich schon bald um seine Entlassung; nach anfänglichem Zögern wurde<br />

das Entlassungsgesuch wahrscheinlich nicht zuletzt wegen der unhaltbar gewordenen<br />

Zustände schnellstens zum 1. November 1908 gnädig angenommen. Die<br />

Querelen begannen nicht erst am 31. Oktober 1907, als in der „Neuen Zeitschrift<br />

für Musik“ ein Artikel von Reger mit dem Titel „Degeneration und Regeneration<br />

in der Musik“ erschien, mit dem er den hoch angesehenen Professor für<br />

Musikwissenschaft an der <strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong>, Hugo Riemann, frontal angriff.<br />

Dies war umso unerhörter, als Reger selbst von 1890 bis 1893 in Sondershausen<br />

und Wiesbaden Schüler Riemanns gewesen war und nun gegen ein Mitglied der<br />

eigenen <strong>Universität</strong> vorging. Den Hintergrund bildete eine intensive gesamtgesellschaftliche<br />

Diskussion um den Weg der modernen Musik, die ihren Ausgang<br />

von der Uraufführung der „Salome“ von Richard Strauss und einer harschen<br />

Grundsatzkritik durch Felix Draeseke im Jahre 1906 genommen hatte und bis<br />

etwa 1911 aktuell blieb. Hugo Rieman hatte sich Draesekes Vorwurf einer „Konfusion<br />

in der Musik“ aufgrund der allzu stürmisch vorwärtsdrängenden Neuerer<br />

angeschlossen, während Max Reger vehement für die „Neutöner“ eintrat und<br />

abschließend bekannte: „Ich reite unentwegt nach links!“ (Konfusion, S. 258)<br />

Problematisch gestaltete sich auch Regers Leitung der <strong>Universität</strong>s-Sängerschaft<br />

zu St. Pauli. Nach einem ersten, gut verlaufenen Konzert mit Werken von Johannes<br />

Brahms (und Wagners „Meistersinger“-Ouvertüre) stießen die weiteren,<br />

anspruchsvollen Programmpläne Regers auf Widerstand, die durch persönliche<br />

Reibereien zusätzlich Mißstimmung hervorriefen. Nun waren die „Pauliner“<br />

kein reiner Gesangverein mit künstlerischen Zielen, sondern eine studentische<br />

Vereinigung mit geselligen und auch politischen Ambitionen, die seit 1860 die<br />

Formen einer studentischen Korporation mit Chargierten mit Schlägern und<br />

Schärpen angenommen hatte. (Elsa Reger warf den Mitgliedern vor, dass sie<br />

es „richtiger fanden, zu fechten und zu kneipen, als zu den Proben zu kommen“<br />

[Reger, S. 69]. 1919 definierte der „Paulus“ seine Ziele als die „Pflege des Gesanges<br />

und der Musik, die Pflege deutsch-vaterländischer Gesinnung und die<br />

unbedingte Satisfaktion“ [Kötzschke, S. 508]).<br />

Dass eine Leitung dieser selbstbewussten sächischen Studentenschaft durch einen<br />

urwüchsigen Bayern von der problematischen Persönlichkeitsstruktur Regers,<br />

der nicht einmal am Kommers teilnahm, nicht funktionieren konnte, liegt<br />

eigentlich auf der Hand. Regers erster Vorstoß zur Niederlegung der Leitung<br />

Anfang 1908 war noch mit dem Hinweis auf das <strong>Universität</strong>sjubiläum 1909 und<br />

Regers Versprechen, dafür extra ein neues Werk für Männerchor und Orchester<br />

zu schreiben, durch ein Gespräch mit dem Kultusminister abgewendet worden.<br />

Aber weder die Komposition zum Jubiläum noch Regers Einbindung in die Feierlichkeiten<br />

wurden verwirklicht.<br />

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