Jubiläen 2007 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Nach einer öffentlichen Abrechnung mit seinen akademischen Gegnern wurde er<br />
deswegen auf zehn Jahre von der <strong>Universität</strong> relegiert. Damit war der Streit aber<br />
keineswegs beendet, vielmehr wurde seine <strong>Leipzig</strong>er Vertreibung noch in den<br />
sogenannten Dunkelmännerbriefen offenherzig dargelegt.<br />
Johann Rhagius wurde um 1457 in Sommerfeld als Sohn des Matthias Rak geboren.<br />
Im Mai 1491 nahm er unter der latinisierten Namensform Iohannes Aesticampianus<br />
ein Studium in Krakau auf, das er mit dem Baccalaureat, wahrscheinlich<br />
sogar mit dem Magistertitel beendete. 1499 ging er über Wien nach<br />
Bologna, um seine Studien fortzusetzen. Dort freundete er sich mit Jakob Questenberg<br />
(1460-1527) an, der in Rom lebte und durch dessen Vermittlung er wohl<br />
in den Genuss einer besonderen Ehrung kam. Um das Jahr 1500 erhielt er vom<br />
Papst seine Ernennung zum gekrönten Dichter, zum poetus laureatus. Diese direkt<br />
aus der päpstlichen Hand empfangene Gnadenerweisung bedeutete zu jener<br />
Zeit noch eine besondere Auszeichnung. Damit war unter anderem das Recht<br />
verbunden, an jeder <strong>Universität</strong> eigene Lehrveranstaltungen, außerhalb der akademischen<br />
Hierarchie, anbieten zu dürfen.<br />
Die Sitte, Dichter feierlich mit dem Lorbeer zu bekränzen, ging ursprünglich<br />
von den Griechen über die Römer auf die mittelalterlichen Kaiser über. Seit dem<br />
12. Jahrhundert vereinzelt ausgereicht, wurde dieser Ehrentitel durch Kaiser<br />
Friedrich III. (1415-1493) im deutschsprachigen Raum neu begründet. Im Jahre<br />
1487 verlieh er auf dem Nürnberger Reichstag Conrad Celtis (1459-1508), dem<br />
akademischen Lehrvater und geistigem Vorbild von Aesticampianus, diesen Ehrentitel.<br />
Gerade weil diese Auszeichnung eine so besondere war, sie außerhalb<br />
der akademischen Gelehrsamkeit stand und auch das Vorrecht der universitären<br />
Titelverleihung brach, wurden ihre Träger an den Hohen Schulen Europas nicht<br />
immer gern gesehen. Poetae laureati waren berechtigt an allen <strong>Universität</strong>en des<br />
römischen Reichs die Poesie und Eloquenz zu lehren – eigene Lehrstühle dafür<br />
gab es aber nur sehr wenige. So ging das 1501 von Kaiser Maximilian (1459-<br />
1519) in Wien gegründete Collegium Poetarum (das eine Sonderstellung zwischen<br />
Fakultät und Institut einnahm) schon nach wenigen Jahren wegen Mangels<br />
an Absolventen wieder ein. Der dort zu erlangende Titel eines poeta laureatus<br />
war dem symbolischen Anspruch nach als zumindest gleichrangig dem Magister<br />
oder Doktor angelegt – wie eine zeitgenössische Dürergrafik belegt: unter den<br />
dargestellten Abzeichen der Poetenfakultät finden sich sowohl Doktorring als<br />
Doktorhut.<br />
Sehr bald entwickelte sich zwischen den Poeten und den akademischen Magistern<br />
eine Auseinandersetzung über den Vorrang in der ständischen Gelehrten-<br />
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