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Jubiläen 2007 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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Das Verhältnis Friedrich II. zur zeitgenössischen deutschen Literatur und Wissenschaft<br />

war bekanntlich durch Gleichgültigkeit und Verachtung geprägt. Noch<br />

1780 hat er in seiner berühmt-berüchtigten Schrift „Über die deutsche Literatur“<br />

(De la Littératur Allemande) der deutschen Sprache und Literatur attestiert, sie<br />

seien barbarisch. Der in Deutschland dominierende schlechte Geschmack werde<br />

allein schon durch die Aufführung der „abscheulichen Stücke von Shakespeare“<br />

bezeugt, die bestenfalls „den Wilden von Kanada“ geboten werden dürften. Das<br />

unübertreffbare kulturelle Vorbild des Königs bildete Frankreich, und so wurde<br />

der Hof in Potsdam ganz und gar von französischen Einflüssen beherrscht. Dass<br />

seit den fünfziger Jahren seine Hauptstadt Berlin begriffen war, zu einem der literarischen<br />

Zentren Deutschlands aufzusteigen, dürfte Friedrich entgangen sein.<br />

Bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges (1756) war es jedoch Sachsen und<br />

insbesondere die Stadt <strong>Leipzig</strong>, deren kultureller und literarischer Einfluss sich<br />

über weite Teile des Alten Reiches und darüber hinaus erstreckte. <strong>Leipzig</strong> wurde<br />

zu Beginn des Krieges sofort okkupiert und blieb fast ununterbrochen bis zum<br />

Frieden von Hubertusburg (1763) in preußischer Hand. Die Leiden, die die Stadt<br />

unter diesem Regiment zu ertragen hatte, sind kaum ausdenkbar, sollen hier aber<br />

nicht näher zur Darstellung gebracht werden. Friedrich II. hielt sich im Laufe des<br />

Krieges mehrfach in <strong>Leipzig</strong> auf und trat bei diesen Gelegenheiten mit verschiedenen<br />

Vertretern des geistigen Lebens der Stadt in Kontakt, so zu dem Dichter<br />

Christian Fürchtegott Gellert und zu dem Orientalisten Johann Jakob Reiske.<br />

Die häufigsten Begegnungen führten ihn jedoch mit Johann Christoph Gottsched<br />

zusammen, der in den dreißiger und vierziger Jahren, also für ca. zwei Jahrzehnte<br />

als wichtigster Kopf des literarischen Deutschlands gegolten hatte, dessen Ruhm<br />

aber inzwischen deutlich im Abklingen war. Gottsched übte zum Zeitpunkt des<br />

Einfalls der Preußen das Amt des Rektors der <strong>Universität</strong> aus und hatte seine liebe<br />

Not, vor allem die Studenten zu schützen, die mit allen Methoden zum Dienst<br />

in der preußischen Armee gepresst wurden. Gottsched hat später behauptet, auf<br />

sein Veranlassen sei es zurückzuführen, dass der König schließlich ein Edikt herausgegeben<br />

habe, in dem die Werbung unter den Studenten untersagt wurde.<br />

Im November 1756 kommt es zur ersten, noch eher flüchtigen Begegnung zwischen<br />

Gottsched und Friedrich II. Der Preußenkönig erkundigt sich nach dem<br />

Zustand der <strong>Universität</strong>, erfährt von Gottscheds Herkunft aus Königsberg und<br />

lässt sich durch Vermittlung des Professors ein Buch aus der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />

zukommen, wo er über den Schlachtentod Gustav Adolfs im nahegelegenen<br />

Lützen nachliest.<br />

Weitaus interessanter ist das nächste Zusammentreffen, ein Jahr später, als sich<br />

Friedrich vor und nach der Schlacht bei Roßbach in <strong>Leipzig</strong> aufhielt. Gottsched<br />

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