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Jubiläen 2007 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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Während die Beiträge dazu in den letzten Jahren (vgl. Klein u.a.: Hans Mayers<br />

<strong>Leipzig</strong>er Jahre; Klein: Unästhetische Feldzüge) aus dem Kreis der Zeitgenossen<br />

stark von deren Erinnerungen und Rechtfertigungsinteressen geprägt waren<br />

– dazu gehören auch Mayers eigene autobiographische Schriften „Ein Deutscher<br />

auf Widerruf“ (1982/84) und „Der Turm von Babel“ (1991) – scheint jetzt die<br />

Zeit für eine Historisierung des Blicks auf diese Geschehnisse gekommen. Dazu<br />

werden sicher zwei jüngst erschienene Bücher, die Mayers Briefe und die Dokumente<br />

von Partei und Staatssicherheit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht<br />

haben (Lehmstedt: Briefe; Lehmstedt: Dokumente), erheblich beitragen.<br />

Hans Mayer entstammte einer jüdischen Familie großbürgerlichen Zuschnitts.<br />

Er studierte Rechtswissenschaft und beendete sein Studium 1931 mit einer juristischen<br />

Promotion. Die Lektüre von Georg Lukács „Geschichte und Klassenbewußtsein“<br />

prägte nachhaltig seine Identität als Anhänger des Marxismus, und er<br />

schloss sich während seiner Studienzeit politischen Gruppen im Umfeld sozialistischer<br />

Bewegungen an. 1933 musste er nach Frankreich flüchten, von wo er in<br />

die Schweiz übersiedelte. Dort lebte er u.a. von Auftragsarbeiten für das Institut<br />

für Sozialforschung. In dieser Zeit hat er sein Buch „Georg Büchner und seine<br />

Zeit“ geschrieben, das seinen Ruf als Literaturwissenschaftler dauerhaft begründete.<br />

Nach dem Ende des Krieges kehrte er in die amerikanisch besetzte Zone<br />

zurück; er arbeitete zunächst als Redakteur bei der Deutsch-Amerikanischen<br />

Nachrichtenagentur und als Chefredakteur bei Radio Frankfurt am Main. In<br />

dieser Situation – am Beginn einer aussichtsreichen Karriere im Mediensystem<br />

Westdeutschlands – bekam er einen Ruf an die <strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong>. Ab 1948/49<br />

lehrte er an der neu gegründeten Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät als<br />

Professor für Kultursoziologie. 1951 wurde er an das Germanistische Institut als<br />

Professor für „Geschichte der Nationalliteraturen“ berufen. 1956 wurde er nach<br />

der Emeritierung von Hermann August Korff Direktor des Instituts für deutsche<br />

Literaturgeschichte, das neben dem Institut für deutsche und germanische Philologie<br />

am 1. Dezember 1956 neu gegründet worden ist. Dieses Jahr, in dem<br />

er nach außen hin wohl den Höhepunkt seiner Wirkungsmöglichkeiten erreicht<br />

hatte, brachte auch die Wende in seinem Verhältnis zu Staat und Partei. Ab 1956<br />

wurde er von der Staatssicherheit überwacht, weil man ihn und Ernst Bloch der<br />

konspirativen Zusammenarbeit mit Wolfgang Harich verdächtigte, und gleichzeitig<br />

intensivierte sich auch die Kritik an seiner Lehrtätigkeit und an seinen Veröffentlichungen<br />

in den Publikationsorganen der DDR. Diese Konflikte führten<br />

schließlich dazu, dass Hans Mayer im August 1963 von einer Westreise nicht<br />

mehr zurückkehrte und seine <strong>Leipzig</strong>er Professur aufkündigte.<br />

Die üblichen Deutungen dieses Endes führen den Konflikt primär auf das bornierte<br />

Verhalten bestimmter Repräsentanten der SED zurück. Im Rückblick kann<br />

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