Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache Zum 275. Jahrestag der Herausgabe der ersten Fachzeitschrift für die deutsche Sprache und Literatur 1732 erschien in <strong>Leipzig</strong> die erste Zeitschrift, die sich in ihrem Inhalt allein mit Themen der deutschen Sprache und Literatur beschäftigte. Getragen wurde sie von der „Deutschen Gesellschaft“, vor allem von deren führendem Kopf, Johann Christoph Gottsched. 93
Die ersten wissenschaftlichen Zeitschriften, die Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts herausgegeben wurden, waren enzyklopädisch angelegte Periodika, die wenigstens in ihrer Intention sämtliche damaligen Wissenschaftsdisziplinen berücksichtigen wollten. Erst allmählich bildete sich das Phänomen heraus, das wir heute als Fachzeitschrift bezeichnen. So gründete Valentin Ernst Löscher 1701 die erste theologische Zeitschrift, Justus Christoph Dithmar 1729 die erste ökonomische Zeitschrift. Ab 1750 erschien das erste Periodikum zum Theaterwesen, herausgegeben von keinem geringeren als Gotthold Ephraim Lessing, und 1774 veröffentlichte August Ludwig Schlözer die erste Zeitschrift für Statistik (im Sinne von Staatenkunde). Zentrum der Zeitschriftenpresse war von Beginn an <strong>Leipzig</strong>. In dieser Stadt sind somit auch die meisten der fachlich orientierten Zeitschriften erschienen. Das gilt gleichermaßen für die Literaturwissenschaft, als deren erstes Organ man die „Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ betrachten muss, die zwischen 1732 und 1744 in acht Bänden bzw. 32 Heften bei Bernhard Christoph Breitkopf erschienen sind. Es war aber keineswegs allein das ausgebaute <strong>Leipzig</strong>er Druck- und Verlagswesen, das die Edition dieser Zeitschrift ermöglichte. Entscheidend war die Existenz der „Deutschen Gesellschaft“ und noch entscheidender war, dass mit Johann Christoph Gottsched ein Mann an ihrer Spitze stand, der zur Entwicklung weiter Perspektiven in der Lage war, den Energie und Ehrgeiz trieben, der als Herausgeber der beiden Moralischen Wochenschriften „Die vernünftigen Tadlerinnen“ und der „Biedermann“ schon über Erfahrungen in der Edition von Zeitschriften besaß. Seit 1724 lebte er in der Stadt, seit 1727 war er de facto als Senior Leiter der „Teutschübenden Poetischen Gesellschaft“, die unter anderem Namen bereits 1697 gegründet worden war, aber erst seit ca. 1718 größere Bedeutung anzunehmen begann. Unter Gottscheds Führung wird sie in „Deutsche Gesellschaft“ umbenannt und umgehend entfaltet sie alsbald die mannigfachsten Initiativen. Dazu gehört folgende in die Presse gegebene Ankündigung: Man sei gesonnen, ”eine gewisse Monatschrift durch den freywilligen Beytrag gewisser Mitglieder der Deutschen Gesellschaft, drucken zu lassen, die nebst allerhand zur Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit abzielenden Sachen, auch mit solchen versehen seyn soll, welche in Untersuchung der alten Deutschen Sprache bestehen werden.” Nach dem Bruch Gottscheds mit der Deutschen Gesellschaft (1738) ist es zu einem langwierigen Streit darüber gekommen, wer eigentlich der Initiator und Herausgeber der „Beyträge“ gewesen ist. Gottscheds Sicht ging ganz und gar dahin, ihm allein stünden diese Verdienste zu. Dem kann man aufgrund der Quellenlage nicht zustimmen. Es war in der Tat so, wie es das Titelblatt der „Beyträge“ aussagte: „Einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft“ besorgten die Redaktionsarbeiten. 94