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Jubiläen 2007 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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welt. Während einzelne Poeten die „leeren Titel der akademischen Gelehrsamkeit“<br />

ablehnten, obwohl sie selbst graduiert waren (Hutten: 1506 Baccalaureus<br />

in Frankfurt/Oder, Celtis: 1479 Baccalaureus in Köln, 1485 Magister in Heidelberg),<br />

suchten sie andererseits ihre eigene Stellung durch die Überbetonung<br />

der formellen Dichterkrönung zu erhöhen. Celtis rechnete beispielsweise nach<br />

„Jahren des Lorbeers“, d.h. nach den Jahren seit seiner eigenen Dichterkrönung.<br />

Neben den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen versuchten die verfeindeten<br />

Parteien, persönliche Verfehlungen im Sittenwandel und bösartige Eigenschaftszuschreibungen<br />

auf die jeweils andere Gruppe zu projizieren, um sie im<br />

denkbar schlechtesten Lichte darzustellen.<br />

1507 kam nun, schon vorbelastet durch einen seit 1497 schwelenden <strong>Leipzig</strong>er<br />

Streit zwischen Poeten und ihren Gegnern, Aesticampianus aus Frankfurt/Oder<br />

in die Messestadt. Er hoffte in <strong>Leipzig</strong> auf einen Neuanfang, nachdem er von<br />

den vorherrschenden scholastischen Lehrmeinungen in Frankfurt enttäuscht war.<br />

Schon ein knappes Jahr später befand er sich in einem heftigen Streit mit der<br />

Artistenfakultät um die von ihm befürwortete Neuübersetzung der Schriften von<br />

Aristoteles. Den Streit verschärfend kam noch hinzu, dass er sich dabei wiederholt<br />

abwertend über das Magisterium äußerte. In überlieferten Sentenzen aus jenen<br />

Tagen heißt es bei Aesticampianus, „ein Poet wiege zehn Magister auf“ oder<br />

die <strong>Leipzig</strong>er Gelehrten seien nicht „Magister der sieben freien Künste, sondern<br />

der sieben Todsünden.“<br />

Ungeachtet fakultätsinterner Absprachen, hielt er auch noch parallel zu öffentlichen<br />

Vorlesungen seine eigenen, dazu konkurrierenden privaten Lektionen ab.<br />

Die akademischen Korporationen revanchierten sich mit formaler Diskriminierung.<br />

Einladungen zu Doktor- und Magisterschmäusen blieben aus, oder man<br />

rückte den Poeten in der Rangordnung bei offiziellen Akten absichtlich weit nach<br />

hinten. Bei einer Abschiedsrede 1511 verschaffte Aesticampianus seinem Ärger<br />

über die <strong>Leipzig</strong>er Magister mit einer formgewandten Rede Luft und bezeichnete<br />

sie bei dieser Gelegenheit unter anderem als „schmutzige und ruhmlose Seelen<br />

ohne Bildung und Witz.“ Die <strong>Universität</strong>sversammlung, der alle <strong>Leipzig</strong>er<br />

Magister angehörten, entzog ihm darauf die <strong>Universität</strong>szugehörigkeit auf die<br />

Dauer von zehn Jahren. In der Matrikel findet sich noch der später hinzugefügte<br />

strafverschärfende Zusatz „pridie quam moreretur“.<br />

Aesticampianus, dessen Schüler Caspar Borner Jahrzehnte danach für eine erhebliche<br />

Modernisierung und Reformierung der <strong>Leipzig</strong>er <strong>Universität</strong>sordnung<br />

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