Jubiläen 2007 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Rudolf Arendt (1828-1902) Chemielehrer und an der öffentlichen Handelslehranstalt<br />
<strong>Leipzig</strong> und Autor von didaktisch ausgezeichneten Chemielehrbüchern<br />
für Schulen, analysierte 1868 sehr detailliert die Bildungsmisere in Chemie<br />
und Physik an <strong>Leipzig</strong>s elf öffentlichen Schulen (fünf Bürgerschulen, zwei<br />
Bezirksschulen, eine Rathsfreischule, eine Realschule, Nikolai- und Thomas-<br />
Gymnasium): „Es werden auf <strong>Leipzig</strong>s öffentlichen Schulen von je 1.000 einheimischen<br />
schulpflichtigen Kindern, welche eine allgemeine oder realistische<br />
Ausbildung suchen, immer nur drei genügend in Physik und Chemie und außerdem<br />
noch neun leidlich in Physik und ungenügend in Chemie vorgebildet. Von<br />
den übrigen 988 haben noch 132 während einer kurzen Zeit etwas von physikalischen<br />
resp. chemischen Dingen gehört, der Rest aber, also 856 erfahren auf<br />
der Schule absolut nichts davon. Bedenken wir endlich, dass alles dies für eine<br />
Stadt gilt, welche von jeher und mit Recht in dem Rufe der Intelligenz steht, und<br />
deren Volksschulwesen seit lange mit besonderer Liebe gepflegt worden ist, eine<br />
Stadt, die ausserdem für die Erziehung der ärmeren Bevölkerung ganz Ausserordentliches<br />
leistet (es werden auf den Bezirksschulen [Armenschulen] durchschnittlich<br />
ebensoviel Kinder unterrichtet wie auf den Bürgerschulen); so wird<br />
man ohne Weiteres behaupten dürfen, dass eine wahrhaft naturwissenschaftliche<br />
Bildung, welche alle Schichten der Bevölkerung durchdringt, in unserem Vaterlande<br />
nicht existirt...“ (Arendt, 1869). Bis zur Jahrhundertwende hatte sich an<br />
diesem Gesamtzustand kaum etwas geändert. Es war höchste Zeit, das Problem<br />
aktiv anzugehen.<br />
Zur Einrichtung der ersten Professur für Chemiedidaktik.<br />
Wilhelm Ostwald (1853-1932) als einflussreichem Ordinarius an der Philosophischen<br />
Fakultät der <strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong> kommt das Verdienst zu, die Errichtung<br />
einer außerordentlichen Professur für Chemiedidaktik zielstrebig betrieben<br />
zu haben. Im Antrag der Philosophischen Fakultät der <strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong> vom<br />
22. Februar 1901 an das Königliche Ministerium des Kultus und öffentlichen<br />
Unterrichts, Dresden, auf Erteilung eines Lehrauftrages für Didaktik der Chemie<br />
mit der gleichzeitigen Ernennung des Privatdozenten Dr. Julius Wagner zum außerordentlichen<br />
Professor heißt es auszugsweise (Wagner, 1903):<br />
„Die unterzeichnete Fakultät beantragt hiermit, dem Privatdozenten Dr. Julius<br />
Wagner einen Lehrauftrag für Didaktik der Chemie zu ertheilen und ihn gleichzeitig<br />
zum außerordentlichen Professor zu ernennen. Seit einigen Jahren hat der<br />
Direktor des physikalisch-chemischen Instituts, Prof. Ostwald, unter thätiger<br />
Mitwirkung des Dr. Wagner Uebungskurse eingerichtet, in welchen die Candidaten<br />
des höheren Lehramts, die sich für das Lehrfach der Chemie ausbilden,<br />
einen besonderen praktischen Unterricht in der Ausführung von Schulversuchen<br />
erhalten: gleichzeitig sind von beiden genannten Vorträge über die beim Che-<br />
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