Recht und Urteile - WMD Brokerchannel
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Stand März 2013 I RECHT <strong>und</strong> RECHTSPRECHUNG<br />
10<br />
ner Entscheidung <strong>und</strong> Abwägung des Für <strong>und</strong> Wider<br />
darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes<br />
Projekt investieren will oder nicht.<br />
Beim Schaden kommt es nicht darauf an, ob die<br />
Beteiligung werthaltig ist oder nicht. Gr<strong>und</strong> für die<br />
Haftung nach den Gr<strong>und</strong>sätzen der Prospekthaftung<br />
ist der Eingriff in das <strong>Recht</strong> des Anlegers, nach<br />
zutreffender Information über die Verwendung seines<br />
Vermögens selbst zu bestimmen <strong>und</strong> sich für<br />
oder gegen die Anlage entscheiden zu können.<br />
Fazit<br />
Das Urteil fußt auf altbekannten Gr<strong>und</strong>sätzen. Es ist<br />
gleichwohl lesenswert, weil es die Voraussetzungen<br />
für die Prospekthaftung im weiteren Sinn einschl.<br />
des Kreises möglicher Haftungsadressaten noch<br />
einmal nahezu schulmäßig zusammenfasst.<br />
1.4 Falschberatung auch bei der Empfeh-<br />
lung einer Beteiligung am<br />
„Singapore-Flyer“<br />
(LG Frankfurt am Main, Urt. v. 20.07.2012,<br />
2-10 O 478/11, nrkr.)<br />
Sachverhalt<br />
Ein Anleger machte Schadenersatzansprüche wegen<br />
Falschberatung im Zusammenhang mit dem<br />
Erwerb einer KG-Beteiligung geltend. Investitionsgegenstand<br />
war insbesondere das Riesenrad „Singapore-Flyer“.<br />
Der Anleger stützte seine Vorwürfe<br />
auf Prospektfehler, aber auch auf individuelle<br />
Pflichtverletzungen aus einem Beratungsvertrag.<br />
Die in Anspruch genommene Bank war der Ansicht,<br />
keine Beratung, sondern bloße Vermittlungsleistungen<br />
erbracht zu haben. Entsprechend geringer<br />
sei ihr Pflichtenkatalog. Unstreitig hatte die Bank<br />
eine Vergütung erhalten. Sie war im Prospekt auch<br />
nicht als Provisionsempfängerin aufgeführt. Mit<br />
dem Einwerben von Anlegern war eine GmbH beauftragt.<br />
Sie durfte im Namen der Fondsgesellschaft<br />
aufgr<strong>und</strong> ihr erteilter Vollmacht „entsprechende<br />
Vereinbarungen mit geeigneten Kapitalanlageberatern<br />
(z.B. Privatbanken)“ abschließen. Diese sollten<br />
dann „jeweils eine individuell vereinbarte Provision“<br />
erhalten, die sich die GmbH auf ihre Vermittlungsvergütung<br />
anrechnen lassen musste.<br />
Entscheidung<br />
Die auf Rückzahlung der Einlagesumme zzgl. 3 %<br />
Zinsen gerichtete Klage Zug um Zug gegen Rückübertragung<br />
der Beteiligung hatte bis auf den entgangenen<br />
Gewinn Erfolg. Das Gericht fasste dabei<br />
noch einmal die Voraussetzungen für das Vorliegen<br />
einer Anlageberatung zusammen. In Abgrenzung<br />
zu einer bloßen Anlagevermittlung setze ein<br />
Beratungsvertrag voraus, dass die Bank unter fachk<strong>und</strong>iger<br />
Bewertung von Tatsachen <strong>und</strong> den aus<br />
ihnen zu ziehenden Schlüssen unter Berücksichtigung<br />
der besonderen Interessenlage des Anlegers<br />
eine konkrete Anlageempfehlung ausspricht. Für<br />
die Bank ist dabei regelmäßig erkennbar, dass die<br />
Beratung für den K<strong>und</strong>en von erheblicher Bedeutung<br />
ist, da er sie zur Gr<strong>und</strong>lage einer Kapitalanlageentscheidung<br />
machen will. Für eine Beratung<br />
spreche, wenn ein Bankmitarbeiter persönliches<br />
Vertrauen in Anspruch nehme <strong>und</strong> beispielsweise<br />
den Eindruck erwecke, die Anlage sei zuvor eingehend<br />
geprüft <strong>und</strong> deshalb erst in den Vertrieb<br />
aufgenommen worden. Gleiches gilt, wenn die<br />
Bank im Prospekt als Referenz genannt werde. Im<br />
Zweifel ist regelmäßig vom Vorliegen eines Beratungsvertrages<br />
<strong>und</strong> nicht nur eines Vermittlungsvertrages<br />
auszugehen.<br />
Ob noch weitere Aufklärungspflichtverletzungen<br />
<strong>und</strong> Prospektfehler vorlagen, ließ das Gericht offen.<br />
Die Bank habe jedenfalls bereits dadurch<br />
schuldhaft Pflichten verletzt, dass sie über von ihr<br />
vereinnahmte Provisionen nicht informiert hat. Auf<br />
die Prospektangaben konnte sie sich nicht berufen.<br />
Aus diesem ergab sich nicht, dass die Bank<br />
Empfängerin von Provisionen ist. Erst recht ergab<br />
sich nicht deren genaue Höhe. Nicht ausreichend<br />
ist es jedoch, wenn lediglich darauf hingewiesen<br />
wird, dass für die Eigenkapitalbeschaffung ein bestimmter<br />
Betrag aufgewendet wird.<br />
Fazit<br />
Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt bewegt<br />
sich auf inzwischen vertrauten Pfaden. Banken<br />
versuchen häufig, ihre Tätigkeit als bloße Vermittlungsleistung<br />
darzustellen, auch wenn sie seit<br />
Jahr <strong>und</strong> Tag K<strong>und</strong>en in Angelegenheiten der Vermögensvorsorge<br />
betreuen. Das Vorliegen eines Beratungsvertrages<br />
ist deshalb der Regelfall, die bloße<br />
Vermittlung die Ausnahme. Das Gericht hatte<br />
davon abgesehen, sich mit den Fragen des Vorliegens<br />
weitere Prospektfehler auseinanderzusetzen,<br />
auf die die Bank im Rahmen der von ihr zweifelsfrei<br />
geschuldeten Plausibilitätsprüfung, erst recht<br />
aber bei Prüfung des Angebots mit bankkritischem<br />
Sachverstand hätte hinweisen müssen. Dass kein<br />
entgangener Gewinn zugesprochen wurde, war<br />
offenbar noch dem Urteil des XI. Zivilsenats vom<br />
24.04.2012 geschuldet. Von dieser <strong>Recht</strong>sprechung<br />
ist der XI. Zivilsenat mittlerweile selbst wieder<br />
abgerückt (vgl. oben die Besprechung des Urteils<br />
vom 08.05.2012).