Recht und Urteile - WMD Brokerchannel
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hältnis abgerechnet <strong>und</strong> den Vertrag abgewickelt.<br />
Erst r<strong>und</strong> acht Monate später erfolgte dann ein<br />
Widerruf. Ein Widerruf ist nach vollständiger Vertragsbeendigung<br />
<strong>und</strong> Vertragsabwicklung jedoch<br />
nicht mehr möglich. Hat eine Vertragspartei mehrere<br />
Wahlrechte <strong>und</strong> übt sie eines aus, gibt sie eine<br />
eindeutige Erklärung ab. Wenn dadurch ein <strong>Recht</strong><br />
gestaltet worden ist, bleibt für weitere <strong>Recht</strong>sgestaltungen<br />
kein Raum mehr.<br />
Der Versicherungsnehmerin stand der Anspruch auf<br />
Rückzahlung der Prämie nebst entgangenem Gewinn<br />
auch nicht aus anderen Gründen zu. Selbst<br />
wenn Klauseln des Bedingungswerkes unwirksam<br />
gewesen wären, führt dies nicht zur Unwirksamkeit<br />
des gesamten Vertrages. Auch eröffnen intransparente<br />
Versicherungsbedingungen kein Widerspruchs-<br />
bzw. Rücktrittsrecht. Schließlich stand der<br />
Versicherungsnehmerin auch kein Schadenersatzanspruch<br />
zu. Insoweit ist ausreichend, wenn über<br />
die Folgen einer vorzeitigen Vertragsauflösung in<br />
den Versicherungsbedingungen informiert wird. Die<br />
sog. Kick-Back-<strong>Recht</strong>sprechung, die der BGH bei<br />
Anlageberatungsverträgen entwickelt hat, ist auf<br />
Versicherungsverträge nicht übertragbar.<br />
Fazit<br />
Der BGH hat bekanntlich einige Zeit nach dem<br />
vom OLG Hamm erlassenen Beschluss ein Verfahren<br />
ausgesetzt <strong>und</strong> dem EuGH die Frage vorgelegt,<br />
ob europarechtliche Bedenken gegen § 5a Abs. 2<br />
Satz 4 VVG a.F. bestehen (nicht gegen § 5a Abs. 1<br />
Satz 1 VVG a.F.). Für den Beschluss des OLG Hamm<br />
spielte dieser Aspekt ohnehin nur eine Nebenrolle.<br />
Jedenfalls nach Kündigung <strong>und</strong> vollständiger Vertragsbeendigung<br />
ist für anschließende Gestaltungserklärungen<br />
kein Raum mehr. Die Hinweise auf die<br />
Unanwendbarkeit der sog. Kick-Back-<strong>Recht</strong>sprechung<br />
stehen in Einklang mit verschiedenen anderen<br />
obergerichtlichen Entscheidungen, u.a. OLG<br />
Celle vom 02.02.2012, 8 U 125/11, OLG Stuttgart,<br />
Urt. v. 23.12.2010, 7 U 187/10 oder OLG Köln, Beschl.<br />
v. 29.10.2010, 20 U 100/10.<br />
7. Zur Frage, aus welchen Gründen das<br />
Policenmodell europarechtskonform ist<br />
(OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.07.2012,<br />
7 U 54/12)<br />
Sachverhalt<br />
Ein Versicherungsnehmer begehrte Schadenersatz<br />
mit der Begründung, sein im Policenmodell abgeschlossener<br />
Versicherungsvertrag sei unwirksam.<br />
RECHT <strong>und</strong> RECHTSPRECHUNG I Stand März 2013<br />
Das sog. Policenmodell war bei verschiedenen Versicherern<br />
bis zum Jahr 2008 ein weit verbreitetes<br />
Modell zum Abschluss von Versicherungsverträgen.<br />
Der künftige Versicherungsnehmer stellte einen Antrag,<br />
bevor er die Verbraucherinformationen <strong>und</strong> die<br />
Allgemeinen Versicherungsbedingungen erhalten<br />
hatte. Dieser Vertrag war schwebend unwirksam bis<br />
dem Versicherungsnehmer zusammen mit der Police<br />
die Verbraucherinformationen pp. übermittelt worden<br />
sind. Der Vertrag galt auf der Gr<strong>und</strong>lage des Versicherungsscheins,<br />
der Versicherungsbedingungen<br />
<strong>und</strong> der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen<br />
Verbraucherinformationen als abgeschlossen,<br />
wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von<br />
14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich<br />
widersprach. Zusätzlich zur vollständigen Übersendung<br />
der notwendigen Unterlagen war für den<br />
Vertragsschluss eine Belehrung des Versicherungsnehmers<br />
über das Widerspruchsrecht erforderlich.<br />
Außer durch die Erklärung des Widerspruchs oder<br />
das Verstreichenlassen der Widerspruchsfrist konnte<br />
der Schwebezustand des Weiteren durch das Erlöschen<br />
des Widerspruchsrechts ein Jahr nach Zahlung<br />
der ersten Prämie beendet werden.<br />
In jüngerer Zeit wurde mehrfach thematisiert <strong>und</strong><br />
problematisiert, ob einem Versicherungsnehmer ein<br />
ewiges Widerspruchsrecht zusteht, weil die b<strong>und</strong>esdeutsche<br />
Gesetzesnorm des § 5a VVG a.F. mit europäischem<br />
Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist. Das<br />
Landgericht Stuttgart hatte die Klage in erster Instanz<br />
abgewiesen.<br />
Entscheidung<br />
Das OLG Stuttgart bestätigt das erstinstanzliche<br />
Urteil. Für das Gericht ist es offenk<strong>und</strong>ig, dass das<br />
Policenmodell gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 Satz<br />
1 VVG a.F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht<br />
vereinbart ist. Das Gericht führt ferner aus, dass<br />
nach seiner Überzeugung auch für die Gerichte der<br />
übrigen Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> für den EuGH die gleiche<br />
Gewissheit besteht.<br />
Entsprechend einheitlich sei insoweit gleichsam<br />
die jüngere obergerichtliche <strong>Recht</strong>sprechung in<br />
Deutschland, die den einhelligen Konsens belege,<br />
dass das Policenmodell mit dem Gemeinschaftsrecht<br />
vereinbar sei. Auch der Vorlagebeschluss des<br />
BGH vom 28.03.2012 stelle die europarechtliche<br />
Vereinbarkeit des Policenmodells als solches nicht in<br />
Frage. Der BGH beschränke sich auf die Vorlagefrage,<br />
ob die Regelungen des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG<br />
a.F. - also ein Vertragsschluss ohne jede Vorlage<br />
von Informationen <strong>und</strong> Versicherungsbedingungen<br />
an den Versicherungsnehmer - mit dem Gemeinschaftsrecht<br />
vereinbart ist.<br />
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