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Recht und Urteile - WMD Brokerchannel

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1.5 OLG Frankfurt am Main verneint im<br />

KapMuG-Verfahren gegen die Telekom<br />

Prospektfehler<br />

(OLG Frankfurt am Main, Musterentscheid<br />

im KapMuG-Verfahren vom 16.05.2012,<br />

23 Kap 1/06)<br />

Sachverhalt<br />

Die Aktie der Deutschen Telekom war seit Sommer<br />

2000 auf r<strong>und</strong> 1/6 ihres damaligen Wertes<br />

gefallen. Knapp 17.000 Telekom-Aktionäre warfen<br />

der Telekom ein grob fahrlässiges Verhalten bei<br />

der Erstellung des Börsenprospektes für den dritten<br />

Börsengang vor. Die Hauptaspekte, mit denen<br />

Kläger Unrichtigkeiten des Prospektes gerügt hatten,<br />

waren der Erwerb des amerikanischen Mobilfunkunternehmens<br />

Voicestream, die Darstellung zu<br />

den Immobilien der Telekom, die Vorgänge um die<br />

konzerninterne Übertragung der Aktien an dem<br />

amerikanischen Telekommunikationsunternehmen<br />

Sprint, die Übernahme der Prospekthaftung durch<br />

die Telekom <strong>und</strong> schließlich das Bestehen einer<br />

sog. Eventualverbindlichkeit (hervorgerufen durch<br />

mögliche Ansprüche von Anlegern aus dem vorherigen<br />

Börsengang).<br />

Bildquelle: © Africa Studio - Fotolia.com<br />

RECHT <strong>und</strong> RECHTSPRECHUNG I Stand März 2013<br />

Entscheidung<br />

Das sog. Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz<br />

ist extra zur Bewältigung der Massenklagen, die<br />

wegen des dritten Börsengangs gegen die Deutsche<br />

Telekom erhoben wurden, geschaffen worden.<br />

Das Gesetz trat im November 2005 in Kraft.<br />

Es soll ermöglichen, aus einer Vielzahl gleichgelagerter<br />

Schadenersatzprozesse wegen falscher<br />

Prospekte oder fehlerhafter Kapitalmarktinformationen<br />

auf Antrag ein Musterverfahren vor dem<br />

Oberlandesgericht zu bestimmen. Alle anderen<br />

Kläger können gr<strong>und</strong>sätzlich Beigeladene dieses<br />

Musterverfahrens werden <strong>und</strong> gem. § 8 KapMuG<br />

auf den Musterprozess Einfluss nehmen. Die Verhandlungen<br />

im jetzt durch Musterentscheid (vorläufig)<br />

entschiedenen <strong>Recht</strong>sstreit begannen im<br />

April 2008. Nach umfangreicher Beweisaufnahme<br />

mit Anhörung etlicher Zeugen kam das OLG Frankfurt<br />

zum Ergebnis, dass im Börsenverkaufsprospekt<br />

der Deutschen Telekom aus dem Jahr 2000 keine<br />

gravierenden Fehler enthalten seien. Der Erwerb<br />

von Voicestream habe zum Zeitpunkt des Börsengangs<br />

noch nicht festgestanden. Die Immobilien<br />

seien nicht unrichtig bewertet. Die angewandte<br />

Bewertungsmethode (das sog. Cluster-Verfahren)<br />

habe der damaligen Gesetzeslage entsprochen.<br />

Bei diesem Verfahren wird nicht jede einzelne von<br />

mehreren Tausend Immobilien bewertet. Vielmehr<br />

werden diese Immobilien zu Bewertungseinheiten<br />

zusammengefasst.<br />

Die konzerninterne Übertragung der Anteile an<br />

dem amerikanischen Telekommunikationsunternehmen<br />

Sprint wäre ebenfalls in hinreichender<br />

Deutlichkeit im Prospekt erläutert worden. Aus<br />

dem Prospekt wäre auch abzuleiten gewesen, dass<br />

die Telekom zunächst allein <strong>und</strong> in vollem Umfang<br />

haftet. Ob ein Rückgriffsanspruch gegen Dritte<br />

bestünde, müsse in den Prospekt nicht aufgenommen<br />

werden.<br />

Schließlich sei es auch nicht erforderlich gewesen, im<br />

Prospekt für den dritten Börsengang einen Hinweis<br />

auf etwaige Prospekthaftungsansprüche aufzunehmen,<br />

die Aktionäre aufgr<strong>und</strong> des zweiten Börsengangs<br />

der Deutschen Telekom haben könnten.<br />

Fazit<br />

Das KapMuG konnte seit seiner Einführung im Jahr<br />

2005 seine Praxistauglichkeit noch nicht überzeugend<br />

unter Beweis stellen. Zurzeit werden deshalb<br />

auch Pläne zur Reformierung des Gesetzes diskutiert.<br />

Der im vorliegenden Musterentscheid unterlegene<br />

Kläger hat nach Mitteilung der ihn vertretenden<br />

Anwälte auch sofort <strong>Recht</strong>sbeschwerde<br />

beim BGH eingelegt. Es wird deshalb noch eine<br />

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