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Recht und Urteile - WMD Brokerchannel

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Fernabsatzvertrages gerichtete Willenserklärung<br />

dann nicht widerrufen werden, wenn Gegenstand<br />

des Vertrages die Verschaffung von Finanzdienstleistungen<br />

ist, deren Preis innerhalb der Widerrufsfrist<br />

Schwankungen auf dem Finanzmarkt unterliegt.<br />

Dabei sei - so der BGH - der Begriff des Preises<br />

nach der Systematik <strong>und</strong> der Gesetzgebungsgeschichte<br />

weit zu verstehen. Preis sei nicht nur<br />

der Börsen- oder Marktpreis, der für das Produkt<br />

selbst auf dem Finanzmarkt gezahlt wird. Preis<br />

im Sinne des § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB könnten<br />

vielmehr auch die Parameter sein, von denen der<br />

Wert des Finanzproduktes abhängt. Das war hier<br />

der Fall, da Bonuszahlungen <strong>und</strong> die Rückzahlung<br />

der Lehman-Zertifikate in Abhängigkeit von der<br />

Entwicklung dreier Aktienindizes während dreier<br />

aufeinander folgender Beobachtungszeiträume erfolgen<br />

sollten.<br />

Fazit<br />

Der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312d<br />

Abs. 4 Nr. 6 BGB beim Erwerb von Finanzdienstleistungen<br />

soll das Risiko eines zumindest mittelbar<br />

finanzmarktbezogen spekulativen Geschäfts<br />

mit seinem Abschluss in gleicher Weise auf beide<br />

Parteien verteilen. Der Anleger soll einen drohenden<br />

Verlust aufgr<strong>und</strong> fallender Basiswerte innerhalb<br />

der Widerrufsfrist nicht durch Ausübung<br />

des Widerrufsrechts auf einen Unternehmer abwälzen<br />

können, auch wenn der Anleger Verbraucher<br />

ist. Weil ein Widerrufsrecht hier nicht in Betracht<br />

kam, konnte das Vorliegen der sonstigen<br />

Voraussetzungen eines Fernabsatzvertrages dahinstehen.<br />

12. Zum Auskunftsanspruch eines Treugebers<br />

über Name <strong>und</strong> Anschriften der weiteren<br />

Treugeber<br />

(BGH, Urt. v. 05.02.2013, II ZR 134/11 <strong>und</strong> II<br />

ZR 136/11)<br />

Sachverhalt<br />

Während in den 90er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Gesellschafter von Publikums-Personengesellschaften<br />

häufig noch unmittelbar beteiligt waren,<br />

überwiegt seit langem die mittelbare Beteiligung<br />

von Anlegern über einen Treuhandkommanditisten.<br />

Regelmäßig besteht in diesen Fällen dann auch die<br />

Möglichkeit der unmittelbaren Beteiligung als Kommanditist.<br />

Aufgr<strong>und</strong> zu erteilender <strong>und</strong> mit Kosten<br />

verb<strong>und</strong>ener Vollmachten wählen die meisten Anleger<br />

den anderen Weg. Im Gesellschaftsvertrag <strong>und</strong><br />

Treuhandvertrag wird die <strong>Recht</strong>sstellung des mittel-<br />

RECHT <strong>und</strong> RECHTSPRECHUNG I Stand März 2013<br />

Bildquelle: © Kurhan - Fotolia.com<br />

bar beteiligten Gesellschafters <strong>und</strong> des unmittelbar<br />

beteiligten Gesellschafters gleichgestellt, d.h. dem<br />

mittelbar beteiligten Gesellschafter werden dieselben<br />

<strong>Recht</strong>e, insbesondere das <strong>Recht</strong> auf Teilnahme<br />

an Gesellschafterversammlungen <strong>und</strong> an der Abstimmung,<br />

eingeräumt.<br />

In den zwei nunmehr vom BGH entschiedenen Fällen<br />

ging es um den geltend gemachten Anspruch<br />

von mittelbar beteiligten Anlegern, Auskünfte über<br />

die Identität der anderen treugeberisch beteiligten<br />

Anleger zu bekommen. Sie haben vorgebracht,<br />

ohne diese Kenntnis ihre Gesellschafter- oder Treugeberrechte<br />

nicht ordnungsgemäß ausüben zu können.<br />

Die Anspruchsgegner (Fondsgesellschaft bzw.<br />

geschäftsführender Gesellschafter bzw. Treuhandkommanditist)<br />

haben eingewandt, die Treugeber<br />

hätten ein schützenswertes Anonymitätsinteresse.<br />

Außerdem bestünde die Gefahr der missbräuchlichen<br />

Verwendung der Daten.<br />

Entscheidung<br />

Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat die Entscheidungen der<br />

Oberlandesgerichte bestätigt, die den Anlegern<br />

einen Auskunftsanspruch zugestanden haben.<br />

Maßgeblicher Gesichtspunkt war dabei, dass die<br />

als Treugeber beigetretenen Anleger nach den Regelungen<br />

in den Gesellschaftsverträgen der Fondsgesellschaften,<br />

auf die die jeweiligen Treuhandverträge<br />

Bezug nahmen, im Innenverhältnis den als<br />

Kommanditisten beigetretenen Anlegern in <strong>Recht</strong>en<br />

<strong>und</strong> Pflichten gleichgestellt waren. Wegen dieser<br />

Gleichstellung besteht auch ein Interesse, mit den<br />

anderen Treugebern in Kontakt treten zu können.<br />

Da hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete<br />

Gefahr des Missbrauchs der Daten nicht dargelegt<br />

waren, wies der BGH die Revisionen zurück. In zwei<br />

Verfahren hatten die Beklagten ihre Revisionen bereits<br />

vor Verkündung der <strong>Urteile</strong> zurückgenommen.<br />

Fazit<br />

Bislang hat der BGH den Anspruch von Treugebern<br />

auf Auskunftserteilung in Fällen bejaht, in denen die<br />

Treugeber eine Innengesellschaft gebildet haben.<br />

Die beiden neuen Entscheidungen gehen darüber<br />

hinaus. Entscheidender Gesichtspunkt ist, ob den<br />

Treugebern vertraglich dieselben <strong>Recht</strong>e <strong>und</strong> Pflichten<br />

zugestanden werden wie direkt beteiligten Gesellschaftern.<br />

Da dies meist der Fall ist, besteht auch<br />

ein entsprechender Auskunftsanspruch.<br />

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