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Recht und Urteile - WMD Brokerchannel

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Stand März 2013 I RECHT <strong>und</strong> RECHTSPRECHUNG<br />

52<br />

mens, sind die bisherigen K<strong>und</strong>en des insolventen<br />

Unternehmens, die aufgr<strong>und</strong> der Tätigkeit des Handelsvertreters<br />

erstmals ein Geschäft mit dem neu<br />

gegründeten Unternehmen abgeschlossen haben,<br />

als vom Handelsvertreter geworbene Neu-K<strong>und</strong>en<br />

dieses Unternehmens anzusehen.<br />

Ein neu gegründetes Unternehmen hat noch keine<br />

Alt- oder Bestands-K<strong>und</strong>en. Es kann diese aufgr<strong>und</strong><br />

der Neugründung noch gar nicht haben. Im Rahmen<br />

des Kaufs eines K<strong>und</strong>enstamms kann ein neu<br />

gegründetes Unternehmen auch nicht die K<strong>und</strong>en<br />

erwerben, sondern lediglich die Information über<br />

die K<strong>und</strong>enbeziehungen. Diese Information über<br />

Stammk<strong>und</strong>en eines insolventen Unternehmens<br />

begründet noch keine Geschäftsbeziehung des<br />

neuen Unternehmens mit diesen K<strong>und</strong>en. Es eröffnet<br />

nur die Chance, dass die Stammk<strong>und</strong>en des<br />

insolventen Unternehmens auch mit dem neu gegründeten<br />

Unternehmen eine Geschäftsbeziehung<br />

eingehen werden.<br />

Der Umstand, dass der Inhaber des neu gegründeten<br />

Unternehmens einen K<strong>und</strong>enstamm käuflich<br />

erworben hat, kann unter dem Gesichtspunkt der<br />

Billigkeit (vgl. § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB) zu einer<br />

Kürzung des Ausgleichsanspruchs führen, wenn<br />

dem Handelsvertreter dadurch die Werbung dieser<br />

K<strong>und</strong>en für das neu gegründete Unternehmen erleichtert<br />

wird.<br />

Fazit<br />

Jedenfalls bei neu gegründeten Unternehmen steht<br />

nach dieser Entscheidung fest, dass dieses keine<br />

„Alt-K<strong>und</strong>en“ haben kann, selbst wenn es einen<br />

K<strong>und</strong>enstamm übernimmt. Neue K<strong>und</strong>en, die ein<br />

Handelsvertreter geworben hat, sind alle K<strong>und</strong>en,<br />

die mit einem Unternehmen noch nicht in geschäftlicher<br />

Beziehung standen, sondern erstmals unter<br />

Einschaltung des Handelsvertreters ein Geschäft mit<br />

dem Unternehmen abgeschlossen haben.<br />

Bildquelle: © senk - Fotolia.com<br />

4. Zur Höhe des Ausgleichsanspruchs im<br />

strukturierten Vertrieb<br />

(BGH, Urt. v. 23.11.2011, VIII ZR 203/10)<br />

Sachverhalt<br />

Ein Finanzdienstleister, der in einem Strukturvertrieb,<br />

zuletzt auf der Stufe eines Regionaldirektionsleiters,<br />

tätig war, machte Ansprüche auf einen<br />

Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend, nachdem<br />

ihm seitens des Strukturvertriebs gekündigt<br />

worden war. Als Basis für den Ausgleichsanspruch<br />

bezog sich der Finanzdienstleister auf die sogenannten<br />

Gr<strong>und</strong>sätze, die von den Spitzenverbänden der<br />

Versicherungswirtschaft <strong>und</strong> des Versicherungsaußendienstes<br />

vereinbart worden sind. Im Vertrag<br />

zwischen Finanzdienstleister <strong>und</strong> Prinzipal war die<br />

Geltung dieser Gr<strong>und</strong>sätze aber nicht explizit vereinbart.<br />

Entscheidung<br />

Das Gericht stellt zunächst fest, dass der Versicherungs-<br />

<strong>und</strong> Bausparkassenvertreter von der<br />

Handelsvertreterrichtlinie, die im Jahr 2009 in<br />

deutsches <strong>Recht</strong> umgesetzt wurde, nicht erfasst<br />

wird. Die Notwendigkeit einer europarechtskonformen<br />

Auslegung ergibt sich deshalb nicht. Durch<br />

den Ausgleichsanspruch abzugelten sind deshalb<br />

Provisionsverluste für noch nicht vollständig ausgezahlte<br />

Vermittlungsprovisionen aus bestehenden,<br />

vom Vertreter vermittelten Verträgen, soweit diese<br />

infolge der Beendigung des Vertretervertrages entfallen.<br />

Gleichgestellt sind solche Verträge, die zwar<br />

erst nach dem Ausscheiden des Vertreters zustande<br />

kommen, sich aber bei natürlicher Betrachtungsweise<br />

lediglich als Verlängerung oder Summenerhöhung<br />

der vom Vertreter vermittelten Verträge<br />

darstellen, also in einem engen wirtschaftlichen<br />

Zusammenhang mit den Altverträgen stehen <strong>und</strong><br />

dem gleichen Versicherungs- oder Bausparbedürfnis<br />

dienen. Ausgleichsrechtlich irrelevant sind Verwaltungsprovisionen,<br />

die für Tätigkeiten wie die<br />

Bestandspflege <strong>und</strong> die K<strong>und</strong>enbetreuung gezahlt<br />

werden.<br />

Speziell in Bezug auf Finanzdienstleister, die innerhalb<br />

eines Strukturvertriebes tätig sind, können auch Superprovisionen<br />

ausgleichspflichtig sein. Entscheidend<br />

ist, dass die Tätigkeit des Strukturhöheren zumindest<br />

mit ursächlich für die von Strukturunteren vermittelten<br />

Abschlüsse ist. Eine solche Mitursächlichkeit<br />

setzt nicht zwingend voraus, dass der Generalvertreter<br />

die ihm unterstellten Vertreter auch tatsächlich<br />

betreut. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann<br />

schon die Mitursächlichkeit der Einstellung <strong>und</strong> Einarbeitung<br />

von Untervertretern ausreichen.

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