06.11.2013 Aufrufe

Hugo Bettauer: Die Stadt ohne Juden - The new Sturmer

Hugo Bettauer: Die Stadt ohne Juden - The new Sturmer

Hugo Bettauer: Die Stadt ohne Juden - The new Sturmer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Sträuben nützte nichts, Leo mußte mit, aber Lotte, die die Garantie dafür übernahm, daß sie rechtzeitig<br />

zum Abendessen zurück sein würden, fuhr mit ihm.<br />

Bis zum Schottentor verlief die Fahrt ganz glatt, dann stellte sich ein Hindernis ein. <strong>Die</strong><br />

Menschenmassen standen hier so dicht aneinander gedrängt, daß das Auto nicht vorwärts kam. Worauf<br />

sich der Gemeinderat hinausbeugte und in bester Absicht, wenn auch mit wenig Zartgefühl den Leuten<br />

zuschrie:<br />

»Laßt's uns durch! Der Herr Leo Strakosch, der erste Jud, der wieder in Wien ist, muß zum Rathaus!«<br />

<strong>Die</strong>se Worte waren das Signal zu einem stürmischen Jubelschrei, und das Auto konnte zwar nicht durch,<br />

sondern mußte hier mit Lotte warten, aber Leo saß auch schon auf den Schultern zweier handfester<br />

Männer und wurde unter dem Jauchzen und Johlen und Hurra-Geschrei der Massen zum Rathaus<br />

getragen.<br />

Das schöne Rathaus war wieder illuminiert, sah wieder wie eine brennende Fackel aus und mühsam nur<br />

konnten sich die Männer mit Leo auf den Schultern Bahn machen. Fanfarenklänge, Trompetentöne, der<br />

Bürgermeister von Wien, Herr Karl Maria Laberl, betrat den Balkon, streckte segnend seine Arme aus<br />

und hielt eine zündende Ansprache, die mit den Worten begann:<br />

»Mein lieber Jude! – –«<br />

Ende.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!