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Der Teufelskerl Daniel konnte daraufhin dem König sogar sagen was er geträumt habe, und<br />
er konnte natürlich den Traum auch deuten. Denn Jehova hatte ihm alles verraten.<br />
Um sich beim König ins rechte Licht zu setzen, wußte Daniel auch die richtige Wortwahl<br />
zu finden. Rede das, was der, der im Augenblick mehr Macht hat als dir lieb ist, zu hören<br />
wünscht, so wird manch einer darauf hereinfallen und dich für einen ehrlichen Menschen halten.<br />
Daniel erzählte dem König einige seiner möglichen Gedanken, die er gehabt haben könnte,<br />
als er grübelnd auf seinem Bett lag, und er redete ihm ein, dies sei sein Traum gewesen. Natürlich<br />
hatte Daniel seine Kunst der Hypnose angewendet, ohne daß dies dem König bewußt geworden<br />
war.<br />
Danach war nur noch das Problem, auf den angeblichen Traum die richtige Deutung folgen<br />
zu lassen:<br />
Das ist der Traum. Nun wollen wir die Deutung vor dem König sagen. Du, König, bist ein<br />
König aller Könige, dem der Gott des Himmels Königreich, Macht, Stärke und Ehre gegeben hat,<br />
und dem er alle Länder, in denen Leute wohnen, dazu die Tiere auf dem Felde und die Vögel<br />
unter dem Himmel in die Hände gegeben und dem er über alles Gewalt verliehen hat. Du bist das<br />
goldene Haupt ...<br />
Daniel hatte seinen naiven König richtig eingeschätzt. Er war durch die Hypnose reingelegt<br />
und durch die Süßholzraspelei eingelullt worden. Und damit ist Daniel der Platz in der<br />
Geschichte des jüdischen Volkes gesichert. Nicht nur das:<br />
Und der König erhöhte Daniel und gab ihm große und viele Geschenke und machte ihn zum<br />
Fürsten über das ganze Land Babel und setzte ihn zum Obersten über alle Weisen in Babel. Und<br />
Daniel bat den König, über die einzelnen Bezirke im Lande Babel Hananja, Mischael und Asarja<br />
zu setzen. Daniel aber blieb am Hof des Königs.<br />
Wenn sich Daniel mit diesem Erfolg zufrieden gegeben hätte, dann wäre ihm gewiß nicht<br />
der Titel des Meisters aller Lügner zuerkannt worden. Er war also keineswegs schüchtern und<br />
noch weniger bescheiden. Er war einfach besessen von seinen magischen Fähigkeiten und fühlte<br />
sich gezwungen, sie voll auszuschöpfen. (Wie rund zweieinhalbtausend Jahre später sein<br />
Volksgenosse Hanussen, der aber Pech hatte und durch diese Kunst sein Leben einbüßte.) Daniel<br />
hatte Glück. Er überlebte alle Herrscherperioden.<br />
*<br />
Religiöse Unterschiede gab es in den Völkern damals wie heute. Jede Religion wurde von<br />
ihren Anhängern als die alleinseligmachende mit mehr oder weniger Gewalt vertreten, zumal sie<br />
mit nationalen Zielen gekoppelt war. Es hat sich nichts daran geändert: Wer die Macht hat,<br />
bestimmt darüber, was Religion ist und was nicht.<br />
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