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"Einst sah Rabbi Eleazar ein über die Breite gepflügtes Grundstück; da sprach er: Und<br />
wenn du auch über die Länge gepflügt wärst, Handel treiben ist einträglicher als du. - Einst ging<br />
Rabh durch ein Halmfeld und sah die Halme sich bewegen; da sagte er: Bewegt euch nur, Handel<br />
treiben ist einträglicher als ihr."<br />
Jedenfalls hatte Mardochai überall die Finger drin, wo es etwas im Trüben zu fischen gab.<br />
Mardochai lebte nicht allein. Zu seinem kleinen Haushalt gehörte die Tochter seines<br />
Onkels. Beide Elternteile waren schon früh gestorben. Die Tochter Hadassa, wohl ein später<br />
Nachkömmling, war jetzt im Alter eines reifen Teenagers, der schwieriger zu hüten war als ein<br />
Sack Flöhe. Auch stellte sie hinsichtlich Kleidung und Schmuck Ansprüche, die nur mit Mühe zu<br />
erfüllen waren. Mardochai, als Pflegevater, hatte seine liebe Not mit dieser schweren Aufgabe.<br />
Von Hadassa konnte man ohne weiteres behaupten, daß sie das schönste Mädchen nicht nur<br />
aller Bewohner der Festung Susa, sondern weit darüber hinaus sei. Ihrem fast blauschwarzem,<br />
vollen, langen Haar und den dunklen, brombeerfarbenen Augen konnte nicht jeder Blick eines<br />
Mannes standhalten. Ihre Figur war früh entwicklelt. Sie knospete nicht erst, sondern sie stand<br />
trotz ihrer Jugend in voller, praller Blüte. Wer sie sah, war von ihr entzückt. Aber es gab nur<br />
wenige, die sie zu Gesicht bekamen. Und Onkel Mardochai, - sie sagte nämlich nicht Vater zu<br />
ihm, weil er ihr dafür zu alt erschien - , mußte wie ein Schäferhund seine Runden um Hadassa<br />
drehen, wenn sich in ihrer Nähe Männer aufhielten, um ihr diese vom Halse oder sonstwo<br />
wegzuhalten.<br />
Mardochai hatte wohl seine Eigenheiten, aber er war ebenso wie Esra und Nehemia ein<br />
jüdischer Nationalist reinsten Wassers. Deshalb sah er in der persönlichen Note Hadassas eine<br />
eventuelle Möglichkeit, sie als eine Art Figur des persischen Schachspiels einzusetzen. Natürlich<br />
nicht als eine untergeordnete, sondern als eine Hauptfigur; und natürlich im Sinne und zum<br />
Wohle des jüdischen Volkes.<br />
Hadassa nutzte jede Gelegenheit aus, wenn ihr Onkel nicht im Hause war, um in der<br />
Gegend herumzustreunen. - Zwar hatte Onkel Mardochai über seine hochtrabenden Pläne mit ihr<br />
des öfteren gesprochen, aber Hadassa empfand keine Neigung für höhere Volkstumsaufgaben. Sie<br />
war eben ein Mensch zwischen Kind und Erwachsensein und hatte deshalb ihre altersbedingten<br />
speziellen Interessen. So konnte es nicht ausbleiben, daß sie auch von jenen gesehen wurde, die<br />
durch das Tor der Westwache den Innenhof des Palastes betraten. Nur wenn sie erfuhr, daß der<br />
König seinen Palast verlassen würde, suchte sie das Weite. Diese Gefahr war rechtzeitig zu<br />
erkennen, denn die Trompetenbläser kündeten dieses Ereignis frühzeitig an.<br />
*<br />
Zu den häufigsten Besuchern im Palast gehörte Haman, der vertrauteste Gefolgsmann des<br />
Königs. Dieser hatte die höchste Stellung aller Würdenträger. Er war der Reichsmarschall des<br />
babylonischen Reiches und diente jetzt dem König Ahasveros. Sein Wort galt, nach dem des<br />
Königs, am meisten. Entsprechend genoß er das größte Ansehen im Staat und Volk, und was<br />
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