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Daniel war wirklich ein Held. Er ging diesen Weg. Denn er wußte, sein Gott würde ihm<br />
helfen. Wie schlecht muß es mit dem Gottvertrauen der heutigen Volksgenossen bestellt sein,<br />
wenn sie nicht bereit sind, sich der Macht und der Güte ihres Gottes anzuvertrauen, und sich<br />
ebenso einmal in einen Löwenkäfig begeben. Es ist eben vieles nicht mehr so wie früher; auch die<br />
Löwen (?) oder Gott der Gerechte (?) oder die Volksgenossen (?).<br />
Daniel hatte also eine ganze Nacht mit seinen Katzen verbracht: Früh am Morgen, als der<br />
Tag anbrach, stand der König auf und ging eilends zur Grube, wo die Löwen waren. Und als er<br />
zur Grube kam, rief er Daniel mit angstvoller Stimme. Und der König sprach zu Daniel: Daniel,<br />
du Knecht des lebendigen Gottes, hat dich dein Gott, dem du ohne Unterlaß dienst, auch erretten<br />
können von den Löwen?<br />
Daniel hatte sich von seinen Katzen wärmen lassen, war munter und ausgeschlafen und<br />
sprach zum König: Der König lebe ewig! Mein Gott hat seinen Engel gesandt, der den Löwen den<br />
Rachen zugehalten hat, denn ich bin unschuldig.<br />
Der dramatische Höhepunkt wurde dann vom König selbst bestimmt. Daniel wurde wieder<br />
in Amt und Ehren eingesetzt; aber die Denunzianten mußten ins Gras beißen:<br />
Da ließ der König die Männer, die Daniel verklagt hatten, holen und zu den Löwen in die<br />
Grube werfen samt ihren Kindern und Frauen. Und ehe sie den Boden erreichten, ergriffen die<br />
Löwen sie und zermalmten alle ihre Knochen.<br />
- 23 -<br />
*<br />
Nicht etwa im Judenviertel, sondern keine hundert Klafter weit vom Westtor der großen<br />
Palastwache entfernt, lebte einer aus der älteren Generation umgesiedelter Juden aus Juda in einer<br />
Gasse, die so eng war, daß sich die gegenüberwohnenden Nachbarn die Hände reichen konnten,<br />
wenn sie aus ihren Haustüren traten. Hier hatten sich hauptsächlich die Familien der<br />
Wachhabenden und niederer Bediensteter des Königshofes angesiedelt.<br />
Der Jude, der hier inmitten von Babyloniern und Persern lebte, hieß Mardochai. Er war ein<br />
Benjaminiter, gesetzten Alters, der noch Nebukadnezar gesehen hatte. Er hatte einen<br />
verschlagenen, listigen, aber auch stechenden Blick und trug den üblichen Vollbart der Juden.<br />
Seine Haltung war leicht nach vorn gebeugt, als wollte er immer seine devote Einstellung<br />
beweisen. Das lag wohl daran, daß er eine niedere Stellung im Schloß Susa erhalten hatte und<br />
sich mit seiner Katzbuckelei beliebt machen wollte. Er wurde dort als Gärtner beschäftigt und so<br />
entlohnt, daß er sein Auskommen hatte. Das, was er aber zusätzlich für seinen Haushalt<br />
benötigte, kam aus anderen Kanälen.<br />
Man wußte nicht so recht, was er sonst noch tat. Er handelte hier ein bißchen und dort ein<br />
bißchen und war auch immer in der Nähe, wenn irgendwelche Geschäfte abgewicklet wurden, die<br />
das Licht der Öffentlichkeit scheuten. Er war das, was man heute mit Schwarzhändler und<br />
Schmuggler bezeichnen würde, vielleicht auch Dealer. Mardochai hatte einmal die Weisen<br />
sprechen gehört, was ganz in seinem Sinne war: