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Nach einer Weile der Besinnung sprach Mardochai weiter:<br />
"Höre mir gut zu, Hadassa! Ein Jahr lang werden die Jungfrauen im Palast leben, um sie für<br />
die Aufgaben als künftige <strong>Königin</strong> zu unterrichten und einzuweisen. Gleichgültig, wie sich Gott<br />
entscheiden sollte, wir werden diesen Versuch nicht aufgeben. Ich werde dich Hegai, dem Hüter<br />
der Frauen, unter einem anderen Namen übergeben. Und um das Problem der Jungfräulichkeit<br />
wird sich eine Hebamme kümmern, die dir all das verraten wird, was zur Behebung dieses<br />
Notstandes erforderlich ist. - Vorläufig wirst du das Haus nicht mehr verlassen. Ich bin mir aber<br />
sicher, daß du mir noch einmal dankbar sein wirst."<br />
Damit verließ Mardochai das Haus und begab sich zu der Hebamme, von der er wußte, daß<br />
sie eine standhafte Verfechterin der Interessen des jüdischen Volkes ist. Auf sie konnte man sich<br />
blind verlassen.<br />
*<br />
So schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten, eilte Mardochai zur Hebamme Hathachi,<br />
die in einer schmalen Seitengasse des Judenviertels wohnte. Er war außer Atem, als er sein Ziel<br />
erreicht hatte:<br />
"Hathachi, du mußt mir helfen! Ein großes Unglück ist geschehen. Gib mir erst einmal<br />
einen Schluck Wein, damit meine Zunge nicht am Gaumen kleben bleibt!"<br />
"Gott der Gerechte, was hast du nur? Du siehst ja aus, als könntest du jeden Augenblick tot<br />
umfallen! - Bitte, hier ist der Wein und erzähle, was dich so erschüttert!"<br />
Mardochai schnaufte immer noch. Er trank den Wein, holte mit einem Seufzer tief Luft und<br />
begann seinen Bericht:<br />
"Du weißt doch, daß die <strong>Königin</strong> Vasthi beim König in Ungnade gefallen ist! Schlimm muß<br />
es gewesen sein! Der ganze Hohe Rat hat dem König zugestimmt, Vasthi abzusetzen. Und jetzt<br />
hat das Reich keine <strong>Königin</strong>. Stell dir diese Katastrophe vor!"<br />
Hathachi nickte eifrig, und ihre Hände forderten ihn auf, weiter zu erzählen.<br />
"Und nun <strong>läßt</strong> der König im ganzen Reich, in allen hundertsiebenundzwanzig Ländern,<br />
nach der schönsten Jungfrau suchen, die er dann zur <strong>Königin</strong> machen will. Was sagst du dazu?"<br />
"Ja, ja, das habe ich schon gehört. Der Ausrufer hat hier schon alles bekanntgegeben. Aber<br />
was ist daran so schrecklich? Dann wird es eben eine neue <strong>Königin</strong> geben. Soll uns das<br />
bekümmern? Wir sollten uns nur dann aufregen, wenn wir Juden betroffen sind. Und das ist hier<br />
nicht der Fall!"<br />
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