Eine Königin läßt morden

"Ach, Hadassa, du wirst ihn nicht nur vergessen! Du wirst ihn vielleicht sogar einmal
hassen, daß du ihm diese Gunst geschenkt hast. Und da er, wie ich hörte, ein Sohn eines
babylonischen Großen sein soll, so bin ich mir sicher, daß du bald nicht mehr an ihn denken
wirst. - Vielleicht wirst du dich einmal an ihm rächen? Wer weiß?"
Hadassa hörte jedem Wort aufmerksam zu. Ihr Herz wußte jedoch nichts mit all den
Andeutungen der Hathachi anzufangen. Damit hatte die weise Frau auch nicht gerechnet. Sie
wollte Hadassa erst einmal nur ablenken und sie für die "technischen" Fragen vorbereiten.
"Wie alle Welt sehen kann, bist du schon lange auf dem Wege, eine richtige Frau zu
werden, die du ja inzwischen auch geworden bist. Und du weißt jetzt, was in einem Mädchen
vorgeht, wenn sie zur Frau gemacht wird. Ja, ja, das ist das Schicksal aller Mädchen, einmal
durch diese Tür zur Welt zu gehen, es sei denn, es will ewig eine Jungfrau bleiben. Aber welche
Frau will das schon wirklich?
Nun, du weißt also, was du "danach" festgestellt hast. Auch wirst du durch einen Schmerz
gespürt haben, was passiert ist. Ich bin ganz sicher, daß du mit Gleichaltrigen bereits über das
gesprochen hast, was auf jedes Mädchen einmal zukommt, nicht wahr?"
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Hadassa hatte vertrauensvoll genickt und aufmerksam weiter zugehört.
"Jetzt kommt es darauf an, daß du weißt, wie du den König, wenn alles so verläuft, wie wir
es uns alle für unser Volk wünschen, in der Hochzeitsnacht so beeindrucken kannst, daß er davon
überzeugt ist, eine Jungfrau zu lieben. Vor allem mußt du immer daran denken, daß die Männer
besonders dann ihren Verstand vollkommen verloren haben, wenn sie meinen, zu lieben. Das
Wort "Liebe macht blind" gilt seit ewigen Zeiten. Für die Männer gilt noch dazu: "Liebe macht
dumm"! Du kannst einem verliebten Mann also die unmöglichsten Geschichten vorspielen; er
wird sie immer für bare "manäh" nehmen. Laß dich also nicht beirren! Ist der König erst in dich
verliebt, so ist er auch verloren. Dann kannst du mit ihm machen, was du willst. Merke dir das!"
"Merken will ich mir deine Ratschläge schon, aber mir fehlt noch die Überzeugung."
"Die kommt schon noch. Wie ich hörte, sollen die Unterweisungen im Schloß ein Jahr lang
dauern. In dieser Zeit will dein Pflegevater mit dir Verbindung halten, so daß du immer das
Gefühl haben wirst, nicht allein zu sein."
Hadassa schien sich bereits erheblich beruhigt zu haben, was auf eine starke seelische Natur
schließen ließ.
"Es gibt zwei Möglichkeiten, deinem künftigen königlichen Gemahl die Beweise deiner
Jungfräulichkeit zu erbringen. Du wirst in der Lage sein, den Tag der ersten Nacht mit dem König
selbst zu bestimmen. Du kannst es mit dem Hinweis auf Unpäßlichkeit, die ja jede Frau von Zeit
zu Zeit befällt, tun. In diesem Falle wartest du den letzten Tag deiner Periode ab, so daß du in der
Lage bist, einen Tropfen Blut zu präsentieren. Falls es der König überhaupt wünschen sollte. Am