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überwiesen, in dem sie dann bis zu ihrem Lebensende versauern könnte. <strong>Eine</strong> dürftige Hoffnung<br />
konnte jede Abgewiesene in ihrem Herzen hegen: Der König könnte sich ihrer erinnern und sie<br />
zur Abwechslung und zum Zeitvertreib doch noch einmal rufen lassen. War das aber ein Leben?<br />
Das war jedenfalls das Risiko einer jeden Bewerberin. Und jede hoffte auf einen sogenannten<br />
Sechser im Königslotto.<br />
Auch Hadassa hatte diese Bedenken mit Onkel Mardochai besprochen. Er war aber hart<br />
geblieben und felsenfest davon überzeugt, allein durch Hadassas Erscheinungsbild und ihre<br />
Verführungskünste in der körperlichen Liebe - an die er glaubte, wie an die Auserwähltheit seines<br />
Volkes - müsse dieses gewagte Vorhaben gelingen.<br />
Der nächste Schritt war, Hegai dazu zu bewegen, Hadassa im Haus der Bewerberinnen<br />
aufzunehmen. Natürlich mußte Mardochai Hegai sagen, wie er zu einer Pflegetochter gekommen<br />
sei. Über die wahren Hintergründe und Absichten sollte er jedoch nicht aufgeklärt werden.<br />
Zuerst mußte er für sein Gespräch eine schöne Einleitung finden.: "Verehrter Chef und<br />
Hüter der Frauenhäuser, Friede zuvor! Du hast mir die große Gunst erwiesen, deine kostbare<br />
Sammlung der Edelsteine zu bewundern. Dafür werde ich dir ewig dankbar sein! Auch werde ich<br />
alles nur in meinem Herzen bewahren und nie und nimmer einem Menschen darüber die geringste<br />
Andeutung machen. Denn ich weiß, wie groß der Neid der Menschen sein kann. Und ein falsches<br />
Wort könnte dazu führen, deine Stellung am Hofe zu gefährden. Gott der Gerechte möge dich<br />
davor bewahren!"<br />
Hegai hatte Mardochai längst in seine Gemächer gebeten, als die ersten Worte über die<br />
Edelsteine gefallen waren. Er wollte nicht, daß irgendwer davon Wind bekommen sollte. Über<br />
seine ursprüngliche Freude, diesen kostbaren Schatz einem würdigen Mann, der diese<br />
Schmuckstücke ebenso schätzte wie er, war danach eine besorgte Stimmung in ihm<br />
aufgekommen, ob er da wohl einen Fehler begangen haben könnte. Kurz und gut: er machte sich<br />
Sorgen.<br />
"Lieber Freund, ich weiß, wie verschwiegen du sein kannst, und es liegt mir auch viel<br />
daran, mir deine Freundschaft zu erhalten. Kann ich irgend etwas für dich tun?"<br />
"Aber verehrter Chef und Hüter der Frauenhäuser, im Gegenteil! Ich wollte dich nicht um<br />
etwas bitten, sondern ich wollte mich für dein großes Vertrauen erkenntlich zeigen und dir einen<br />
Gefallen erweisen, der dir zu großem Ruhm verhelfen kann."<br />
"Du machst mich neugierig, Mardochai! Womit willst du mein armes Herz beglücken?"<br />
"Wie ich hörte, haben sich bereits einige Jungfrauen bei dir gemeldet, die in der Kunst der<br />
höfischen Sitten unterwiesen werden, um nach einem Jahr dem König zur Auswahl als mögliche<br />
neue <strong>Königin</strong> zugeführt zu werden. Hast du inzwischen den Eindruck gewonnen, daß eine<br />
passende Anwärterin darunter ist?"<br />
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