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Hegai war gerührt von soviel Edelmut, und er beglückwünschte sich im stillen, mit diesem<br />
auserlesenen, charaktervollen Mann befreundet zu sein. "Du bist ein wahrer Freund unseres<br />
Volkes und ein Mann, wie wir sie in unserem Reich brauchen können. Nimm mir meine Worte<br />
nicht übel, aber es ist schade, daß du Jude bist. Man sollte dich zum Ehrenperser oder<br />
Ehrenmeder oder Ehrenarier ernennen. Sei mir nicht böse wegen dieser Worte! Ich wollte damit<br />
nur meine Verehrung zum Ausdruck bringen."<br />
"Schon gut, lieber Hegai, ich weiß deine gutgemeinten Worte zu schätzen. Überhaupt danke<br />
ich dir für deine Güte und möchte mich auch bei dir erkenntlich zeigen, indem ich dir Hadassa<br />
zuführe. Aber eins sollten wir noch vereinbaren: Um keinen Verdacht aufkommen zu lassen,<br />
werden wir ihr einen anderen Namen geben. Was hältst du von dem Namen Esther?"<br />
"Oh, er klingt gut! Sicher hast du ihn mit Bedacht ausgesucht. Und da sie solange in deiner<br />
sicheren Obhut gewesen ist, sollst du auch das Recht haben, ihr diesen Namen mit auf den neuen<br />
Lebensweg zu geben. Wann bringst du mir Esther?"<br />
"Es kann schon morgen sein, wenn es dir recht ist. Aber eine einzige Bitte habe ich: Ich<br />
möchte Esther in gewissen Abständen sehen können, denn schließlich habe ich sie über Jahre wie<br />
meine eigene Tochter gehalten."<br />
"Wenn es nicht mehr ist, was du dir wünscht? Diese Bitte will ich dir gern erfüllen. Je<br />
früher du mir die Jungfrau bringst, desto besser. Ich bin mit morgen einverstanden. Bring sie<br />
bitte, wenn die Sonne am höchsten steht. Dann haben sich die meisten Menschen bereits zur<br />
Mittagsruhe zurückgezogen. Wir brauchen vorerst ja keine unliebsamen Zuschauer. Daß die<br />
Jungfrau vollkommen verhüllt ins Schloß kommt, brauche ich wohl nicht zu betonen."<br />
Mardochai hatte mit innerer Unruhe nickend zugestimmt, und es kostete ihn einige<br />
Anstrengung, seine seelische Bewegtheit nicht erkennen zu lassen. Die Verabschiedung erfolgte<br />
mit vielen gegenseitigen Verbeugungen und einer blumenreichen orientalischen Sprache für die<br />
gegenseitig erwiesenen Ehrungen.<br />
Innerlich jubelnd über seinen Erfolg, verließ Mardochai das Schloß. Jetzt war er überzeugt,<br />
daß nichts mehr schiefgehen kann.<br />
Mit Hadassa hatte er anfangs seine liebe Not, sie in die neue Lage einzuweihen. Spaß<br />
machte ihr allein der neue Name. "Esther" gefiel ihr gut. Sie sprach den Namen mehrfach aus und<br />
tänzelte in dem neuen Haus ihres Onkels Mardochai umher und gab sich schließlich mit dem<br />
Gedanken zufrieden, morgen ein neues Leben zu beginnen.<br />
*<br />
Mardochai fühlte sich bereits als ein Mann, der in die Geschichte eingehen sollte. Und so<br />
stellte er sich dies vor:<br />
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