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würde wieder der Leidtragende sein. Bis Ägypten hin schien überall Ruhe zu herrschen. Auch aus<br />
Juda hörte man, daß keine Unruhen zu erwarten seien. Die Juden würden jetzt besser mit ihren<br />
Nachbarn auskommen. Auch sollten viele Juden nichts mehr davon halten, sich für das<br />
auserwählte Volk auszugeben. Die Babylonier fühlten sich im großen und ganzen nicht in Unruhe<br />
versetzt. Der beliebte König Ahasveros würde schon dafür sorgen, daß in seinem Reich Ruhe<br />
herrscht. Er hatte ja auch alles für ihn Wichtige in seiner Gewalt.<br />
Ganz anders zeigte sich die Stimmung unter den Juden. Die Meinungen waren recht<br />
unterschiedlich. Ein Teil sehnte sich nach Frieden, der weitaus größere Teil aber konnte die<br />
Folgen der Umsiedlung von Juda nach Babylonien nicht vergessen. Obgleich es den Juden<br />
gutging und mancher eine Position erreicht hatte, zu der er in der Heimat nicht gekommen wäre,<br />
wurmte sie die Schmach der Niederlage vor vielen Jahren. Es waren ja auch genug Rädelsführer<br />
am Werk, die ihre Landsleute immer wieder zur Unzufriedenheit aufstachelten. Um diese Leute<br />
bei der Stange zu halten, wurde ihnen in Aussicht gestellt, zu gegebener Zeit, und sei es ein<br />
innerer Umschwung oder ein anderes außergewöhnliches Ereignis, zu persönlichem Wohlstand<br />
zu gelangen.<br />
Mardochai war einer der ersten, die von der neuen Lage hörten. Da er schon immer<br />
hochtrabende Ziele im Auge gehabt hatte, war für ihn die größte Sensation die Ausschau nach<br />
einer neuen <strong>Königin</strong>. Er dachte sofort an seine Hadassa. Zwar hielt er im ersten Augenblick diese<br />
Idee für verrückt, aber er sagte sich auch: Was kann ich schon dabei riskieren? Hadassa ist weit<br />
und breit das schönste Mädchen, das man je gesehen hat! Ich habe sie vor fremden Blicken all die<br />
Jahre gut behütet. Warum nicht Hadassa?!<br />
Sein Kopf barst fast vor all den Überlegungen, als er im Eiltempo in Richtung seiner<br />
Wohnung davonstürmte. Sofort müßte er mit Hadassa sprechen! Danach müßte er zu Esra und<br />
Nehemia laufen, um mit ihnen die Lage zu bereden. Was mußte nicht alles bedacht werden?!<br />
Zu Hause angekommen, nahm Mardochai seine Pflegetochter beiseite und erklärte ihr sein<br />
Vorhaben: Der König suche eine neue <strong>Königin</strong>. Dafür käme nur die allerschönste Jungfrau in<br />
Frage. Und es gäbe keinen Zweifel, daß nur Hadassa dies sein könne. Jetzt käme es nur darauf an,<br />
Hadassa unter einem anderen Namen ins Schloß zu bringen und sie dem Obereunuchen Hegai,<br />
dem Hüter der Frauen, zu übergeben. Denn auf keinen Fall dürfte jemand erfahren, daß sie eine<br />
Jüdin sei!<br />
"Mein Kind," sagte Mardochai, "dies ist die einmalige Gelegenheit, dir ein Leben zu<br />
verschaffen, nach dem sich alle Jungfrauen der Welt sehnen! Ich werde den Hegai bestechen,<br />
damit er den Mund hält. Ich weiß, daß er bestechlich ist. Wenn er es nicht tun sollte, dann würde<br />
ich dafür sorgen, daß er beim König in Ungnade fällt und er seinen Kopf verliert. Natürlich werde<br />
ich ihm dies nicht so deutlich sagen. Aber er wird merken, woran er ist, wenn er nicht mitspielt."<br />
"Aber Onkel Mardochai, was du vorhast, ist unmöglich!" Hadassa war blaß geworden und<br />
schien sich über diese geschilderten Aussichten gar nicht zu freuen.<br />
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"Was heißt denn, unmöglich?" wollte Mardochai wissen.