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"Ich habe euch die ganze Zeit beobachtet," sagte er. "Was habt ihr mit den Soldaten der<br />
königlichen Wache zu tun? Ich weiß nicht, ob es dem Obergelehrten der königlichen<br />
Wissenschaften recht ist, wenn ihr einen solchen Umgang pflegt."<br />
Die vier jungen Landsleute standen ein bißchen bedeppert da, denn im Grunde hatte er ja<br />
auch ihre Ansicht vertreten. Allerdings sah besonders Daniel in der Verbindung zu den<br />
Babyloniern ein rein praktisches und für ihn sich auszahlendes Unterfangen, denn er betrachtete<br />
die beiden Soldaten als Versuchsobjekte. Er hatte sich ja Großes vorgenommen und wollte seine<br />
Absichten bis zur Meisterschaft vervollkommnen. Er wollte nicht nur irgendwelche Menschen in<br />
seinen Bann ziehen, sondern viel mehr am Königshofe Eindruck schinden. Das Ergebnis sollte<br />
sich dann so oder so einmal auszahlen.<br />
Bei dieser seiner grundsätzlichen Einstellung fiel es ihm nicht schwer, Mardochai mit<br />
wenigen Worten zu erklären, was hier "gespielt" wurde.<br />
Mardochai hörte sich alles in Ruhe an. Diese Gedanken gefielen ihm. Sie lagen ja ganz und<br />
gar auf seiner Linie. Er überlegte auch sofort, ob es nicht möglich wäre, den jungen Daniel für<br />
seine Zwecke einzuspannen. Daß damit gleichzeitig das große gemeinsame Ziel im Hintergrund<br />
verbunden war, galt für ihn als eine Selbstverständlichkeit. Er redete mit den jungen Leuten noch<br />
ein bißchen hin und her, um eine größere Festigkeit dieser Anknüpfung zu bewirken und faßte im<br />
stillen den Entschluß, zum erforderlichen Zeitpunkt diese Verbindung auszubauen. So begleiteten<br />
Daniel und seine Freunde den älteren Herrn noch ein ganzes Stück und verabschiedeten sich mit<br />
blumenreichen Ausdrücken, entsprechend der Würdigung des so sehr erfahrenen Landsmannes.<br />
*<br />
Große Aufregung herrschte am Hofe des Königs Ahasveros, der in die Geschichte auch als<br />
König Xerxes eingegangen ist, als im dritten Jahre seiner Regierung ein Fest gefeiert wurde, das<br />
sich über hundertundachtzig Tage hinziehen sollte. Der Oberste der Zeremonienmeister wußte<br />
sich nicht mehr zu helfen, was er dem König und seiner engeren Gesellschaft zum Zeitvertreib<br />
noch alles bieten sollte. Hundert Tage hatte man mit Mühe und abwechselnd guten und weniger<br />
guten Einfällen überstanden, aber jetzt waren alle maßgeblich beteiligten Gestalter ratlos. Sie<br />
waren wie ausgelaugt. Es halfen auch keinerlei Drohungen des obersten Chefs, den einen oder<br />
anderen aufzuknüpfen, wenn er nicht neue Ideen liefern würde. Man konnte noch so oft die<br />
einzelnen Spiele durchsprechen, um weitere Anregungen zu bekommen, immer wieder kam das<br />
Argument: "Das hatten wir schon!" Und was hatte man bisher alles geboten?:<br />
Körperliche Wettkämpfe; wie Ringkampf, Steineheben, Fechten mit Bambusstäben, Läufe<br />
über kurze und lange Strecken, Weitwerfen von Steinen, Springen über künstliche Gräben,<br />
Klettern über Hindernisse, Werfen mit dem Speer, Schießen mit Pfeil und Bogen, Zielwerfen mit<br />
der Steinschleuder, Rollen von Fässern, Reiterspiele auf Kamelen, Eseln und Pferden. Ganz<br />
besonders beliebt waren die Polospiele, die in immer neuen Varianten zwischen den<br />
verschiedenen Mannschaften von hundertsiebenundzwanzig Ländern ausgetragen wurden, zumal<br />
dieser Pferd und Mensch fordernde Wettkampf noch gar nicht lange betrieben wurde.<br />
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