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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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Richard H. (GGS): „Ja der [Name des AG-Leiters] ist halt lustig.<br />

Und er kann halt auch Fußball spielen das ist nicht einer der Lehrer<br />

die nebenbei stehen <strong>und</strong> sagen ja macht mal sondern er spielt halt<br />

selber mit <strong>und</strong> so.“<br />

Anerkennung einer selbstbestimmten Freizeitpraxis heißt dann nicht nur,<br />

Aufsichtsperson zu sein, die den Jugendlichen eine eigene Freizeitpraxis<br />

gewährt bzw. sie spielen lässt, sondern geschätzt wird von den Jugendlichen,<br />

dass sich die Gruppenleiter 59 auf die Gruppe einlassen, indem sie<br />

mitspielen <strong>und</strong> Teil des Teams werden. Im Zentrum stehen dabei für die<br />

Jugendlichen der „Spaß“. Hinzu kommt aber für einen Teil der Jugendlichen<br />

– insbesondere derjenigen der geb<strong>und</strong>enen <strong>Ganztagsschule</strong> – eine weitere<br />

Funktion, wie sie Sebastian zum Ausdruck bringt, als er auf die Frage,<br />

was er mit dem Freizeitsport in der Schule verbinde, antwortet:<br />

Sebastian S. (GGS): „Mehr Bewegung einfach weil ich kann nicht<br />

den ganz ich kann ja nicht eine Woche lang die ganze Zeit nur rumsitzen<br />

<strong>und</strong> nichts machen <strong>und</strong> nur lernen <strong>und</strong> so <strong>und</strong> da hat man<br />

keinen Bock drauf.“<br />

Der Freizeitsport stellt sich aus der Perspektive von Sebastian als Gegenentwurf<br />

zur Unterrichtspraxis dar. In diesem Sinne verleiht er dem schulischen<br />

Freizeitsport die Funktion des regenerativen Ausgleichs zum Lernen.<br />

Zusammenfassend lässt sich daher die erlebte Praxis des Freizeitsports<br />

im Rahmen der Institution <strong>Ganztagsschule</strong> als eine regenerative Praxis charakterisieren,<br />

die den Jugendlichen Handlungsautonomie gewährt <strong>und</strong> eher<br />

mit Spaß als mit Lernen in Verbindung gebracht wird. 60 Sie schließt damit<br />

an informelle Freizeitkontexte an, wie <strong>Familie</strong> oder Peers, ohne dass jugendkulturelle<br />

Orientierungen oder Fre<strong>und</strong>schaften explizit Erwähnung<br />

finden. Die sozialen Beziehungen im Freizeitsport der Schule werden für<br />

die Jugendlichen erst im Hinblick auf die Geschlechterbeziehungen ein<br />

Thema. Das soll im Folgenden erläutert werden.<br />

5.3.5.1 Exkurs: Geschlechtsstereotype Wahrnehmungsmuster Jugendlicher<br />

im Freizeitsport der <strong>Ganztagsschule</strong><br />

Im Gegensatz zum Sportunterricht in der Sek<strong>und</strong>arstufe I stehen die Sportangebote<br />

der <strong>Ganztagsschule</strong> in der Regel Jungen wie Mädchen offen. Während<br />

die SchülerInnen ab der achten Klasse getrennten Sportunterricht erfahren,<br />

um den unterschiedlichen körperlichen Entwicklungsbedingungen<br />

<strong>und</strong> damit Leistungen gerecht zu werden, wird diese Trennung im Freizeitsport<br />

der Schule aufgehoben. So ergibt sich eine Situation fernab vom Leis-<br />

59 Die unterschiedliche Bezeichnung der Gruppenleiter – OGS: „Betreuer“, GGS: „Lehrer“ – leitet<br />

sich aus den institutionellen Vorgaben ab: Im offiziellen Namen der offenen <strong>Ganztagsschule</strong><br />

(OGS) befindet sich anstelle von Schule „Betreuung“, während in diesem Fall die geb<strong>und</strong>ene<br />

<strong>Ganztagsschule</strong> die Bezeichnung „Schule“ beibehielt.<br />

60 Diese Bef<strong>und</strong>e decken sich mit Ergebnissen einer Studie von Krüger <strong>und</strong> Kötters (2000), wonach<br />

der Anteil Jugendlicher in den schulischen Freizeitangeboten steigt, wenn sie in die Gestaltung<br />

der Freizeitangebote von dem schulischen Personal einbezogen wurden (vgl. ebd., S.<br />

134f.).<br />

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