27.02.2014 Aufrufe

Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>und</strong> Erwerbsleben (vgl. z.B. Jurczyk et al. 2009). Die damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Belastungen erfordern nicht nur neue Arbeitsteilungsmuster, sondern sie<br />

bedingen überdies vermehrte Abstimmungs- <strong>und</strong> Aushandlungsprozesse<br />

im <strong>Familie</strong>nleben. D.h. die Verschränkung der individuellen Lebensführungen<br />

richtet sich demnach sowohl an den Erfordernissen des Erwerbslebens<br />

aus als auch an den familialen Dimensionen, inhaltlicher, räumlicher, zeitlicher<br />

<strong>und</strong> sozialer Art sind (vgl. Jürgens 2001, S. 37ff.). In diesem Sinne ist<br />

die <strong>Familie</strong> auch als Gegengewicht zum Erwerbsleben zu verstehen, wenn<br />

es gilt, das Alltagshandeln in den <strong>Familie</strong>n <strong>und</strong> damit die Lebensführung<br />

einzelner zu sichern, zu stabilisieren <strong>und</strong> ferner vom Flexibilisierungsdruck<br />

zu entlasten. Dieser „doppelte Auftrag“ der <strong>Familie</strong> differenziert sich auf<br />

der Ebene der konkreten Praxis folgendermaßen heraus. <strong>Familie</strong> ist demnach<br />

gefordert, sich einerseits als Gemeinschaft <strong>und</strong> damit auf der Ebene<br />

der Beziehungen sich permanent selbst zu versichern <strong>und</strong> herzustellen (vgl.<br />

Finch 2007). Andererseits sind diese Praktiken nicht losgelöst von den gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen zu realisieren, sondern die Alltagsorganisation<br />

der <strong>Familie</strong> muss sich mit diesen Bedingungen auseinandersetzen<br />

(vgl. Schier/Jurczyk 2007). Dieser Zusammenhang ist damit Ausdruck eines<br />

veränderten <strong>Familie</strong>nbegriffes in der <strong>Familie</strong>nforschung, wenn <strong>Familie</strong> nun<br />

nicht mehr als statisches, sondern dynamisches System verstanden wird,<br />

„das sich notwendigen Veränderungen durch Wandlung bestehender Strukturen<br />

anzupassen versucht“ (Kreppner 1998, S.323). Dies soll im Folgenden<br />

noch einmal ausführlicher erläutert werden.<br />

1.3.1.1 <strong>Familie</strong> als Herstellung von Gemeinschaft im Alltagshandeln („doing<br />

family“ <strong>und</strong> „displaying family“ 13 )<br />

Familiale Lebensführung kann zum einen als wichtige Leistung für den Zusammenhalt<br />

<strong>und</strong> den Bestand der Gesellschaft, für die <strong>Familie</strong> als sozialen<br />

Lebensraum <strong>und</strong> auch als Arbeitsleistung sowie als „soziale Kompetenz“ 14<br />

in Bezug auf das Herstellen <strong>und</strong> Aufrechterhalten sozialer Beziehungen der<br />

<strong>Familie</strong>nmitglieder verstanden werden. „Dabei sind zunächst die Beziehungsformen<br />

<strong>zwischen</strong> den <strong>Familie</strong>nmitgliedern genauer zu differenzieren:<br />

Angesichts einer zunehmenden Entkopplung von Liebe <strong>und</strong> Ehe, von Ehe<br />

<strong>und</strong> Elternschaft kristallisiert sich heraus, dass sich intime Zweierbeziehungen<br />

wiederholt unter Beweis stellen müssen, während das Generationenver-<br />

13 Das von Finch (2007) entwickelte Konzept des „Displaying families“ bezieht sich auf den Pr o-<br />

zess, „by which individuals, and groups of individuals, convey to each other and to relevant<br />

others that certain of their actions do constitute „doing family things‟ and thereby confirm that<br />

these relationships are „family‟ relationships” (Finch 2007, S. 67). Dazu gehört beispielsweise<br />

auch das Aufhängen von <strong>Familie</strong>nbildern wie auch das Erzählen von <strong>Familie</strong>ngeschichten, die<br />

neben den Erfahrungen über Generationen soziale Bedeutung <strong>und</strong> Sinnzuschreibungen mitliefern<br />

(vgl. ebd., S. 77f.). Über den Lebenslauf hinweg <strong>und</strong> unter anderen Rahmenbedingungen<br />

können sich die Beziehungen verändern, wie z.B. <strong>zwischen</strong> Eltern <strong>und</strong> adoleszenten Kindern.<br />

„So relationships need to be displayed in order to have social reality, though the intensity of<br />

the need for display will vary in different circumstances and over time.” (ebd., S. 73)<br />

14 Familiale Lebensführung als soziale Kompetenz verstanden, meint dann die „Fähigkeit, die<br />

aus unterschiedlichen Lebensbereichen erwachsenden Anforderungen zu bewältigen <strong>und</strong><br />

gleichzeitig soziale Anpassungsfähigkeit <strong>und</strong> Kompatibilität herzustellen“ (Jürgens 2001, S.<br />

56).<br />

24

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!