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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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Eltern dagegen durchaus kritisch. 47 Zu den Kritikpunkten zählen:<br />

- zu wenig Zeit für außerschulische Aktivitäten (27%),<br />

- Lernen zu Hause auch nach der Schule (24%),<br />

- zu wenig außerschulische Kontakte (22%),<br />

- Ermüdung durch zu langen Schultag (19%) (vgl. Jäger-Flor 2009, S. 3).<br />

Ähnlich beurteilen die SchülerInnen die Effekte des Ganztagsangebotes:<br />

Trotzdem sie sich eine bessere schulische Unterstützung von der Teilnahme<br />

versprechen, lehnen sie das Angebot am häufigsten wegen dem befürchteten<br />

Verlust an frei verfügbarer Zeit ab (vgl. Arnoldt/Stecher 2007, S. 44).<br />

Betrachten die SchülerInnen die <strong>Ganztagsschule</strong> zudem differenziert nach<br />

den Angebotsformen, dann rangieren die offenen <strong>Ganztagsschule</strong>n hinsichtlich<br />

des erwarteten Lernnutzens sogar vor den geb<strong>und</strong>enen <strong>Ganztagsschule</strong>n<br />

(vgl. Holtappels 2007, S. 256). Von höherem Nutzen erscheinen die<br />

geb<strong>und</strong>enen <strong>Ganztagsschule</strong>n den SchülerInnen in der Frage des sozialen<br />

Nutzens (vgl. ebd.). Eine vergleichende Untersuchung der Netzwerke von<br />

Halbtags-, Ganztags- <strong>und</strong> InternatsschülerInnen ergab jedoch, dass die<br />

GanztagsschülerInnen signifikant mehr mit <strong>Familie</strong>nmitgliedern ihre Freizeit<br />

verbringen als mit Gleichaltrigen (vgl. Kanevski 2008, S. 230, 256-57).<br />

Zudem sind die Netzwerke kleiner, weil unverbindliche Beziehungen zu<br />

Klassenkameraden oder Beziehungen zu Gleichaltrigen der Nachbarschaft<br />

fehlen (vgl. ebd.). Das Potenzial der <strong>Ganztagsschule</strong> liegt daher nach Ansicht<br />

der Nutzer eher in der Lernförderung, während im außerschulischen<br />

Freizeitbereich mit Einschränkungen zu rechnen ist. Das betrifft insbesondere<br />

die Peernetzwerke mit dem Effekt eines Bedeutungszuwachses der<br />

<strong>Familie</strong> als außerschulischer Freizeitbereich, der entwicklungspsychologisch<br />

gerade bei jugendlichen GanztagsschülerInnen nicht unbedeutsam hinsichtlich<br />

der Ablösungsproblematik ist. Tatsächlich sinkt mit zunehmendem<br />

Alter die Teilnahme (vgl. Holtappels 2008, S. 200).<br />

(2) Im Bereich der <strong>Familie</strong>naktivitäten ist der Einfluss der Ganztagsschulorganisation<br />

unmittelbar spürbar: Während die Intensität der gemeinsamen<br />

Mahlzeiten oder Gespräche sinkt, nehmen die Aktivitäten wie gemeinsames<br />

Zusammensitzen oder Hobbys zu. Keine Unterschiede sind im<br />

Bereich gemeinsamer Ausflüge <strong>und</strong> beim Fernsehen zu verzeichnen (vgl.<br />

Züchner 2009, S. 280). Es bestätigt sich damit, dass die <strong>Familie</strong> in ihrer<br />

Funktion als regenerative Ressource <strong>und</strong> vor allem Freizeitraum außerhalb<br />

der Schule an Bedeutung gewinnt, während der Aspekt der leiblichen Versorgung<br />

in den Hintergr<strong>und</strong> rückt (vgl. dazu auch Bartsch 2008). Ein direkter<br />

Effekt auf <strong>Familie</strong> als Bildungsort zeigt sich hierin jedoch nicht.<br />

Gleichwohl nutzt die <strong>Familie</strong> (insbesondere die Eltern) Potenziale, die indirekt<br />

mit dem Besuch der <strong>Ganztagsschule</strong> frei werden. Das betrifft vor allem<br />

die Müttererwerbstätigkeit: Bereits nach der ersten Erhebungswelle der<br />

StEG-Studie (2007) ließ sich ein erwerbsstruktureller wie familienstruktureller<br />

Einfluss dahingehend feststellen, dass prozentuell mehr Jugendliche in<br />

<strong>Ganztagsschule</strong>n im Sek<strong>und</strong>arbereich aus <strong>Familie</strong>n stammen, in denen le-<br />

47 In einer früheren Studie über Elternmotive <strong>und</strong> -akzeptanz nannten die Eltern noch mehrheitlich<br />

die Aufsicht <strong>und</strong> Betreuung der Kinder am Nachmittag sowie die Entlastung von Hausaufgaben<br />

als die bedeutsamsten Vorteile der <strong>Ganztagsschule</strong> (vgl. Bargel/Kuthe 1991, S. 188ff.)<br />

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