Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule
Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule
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Schulen einer zunehmenden Vielfalt der <strong>Familie</strong>nverhältnisse <strong>und</strong> -<br />
konstellationen ausgesetzt, die die Zusammenarbeit vor neue Herausforderungen<br />
stellt. Beide Phänomene werden im Folgenden näher erläutert.<br />
186<br />
5.6.2.2.1. Eltern unter Druck: Bildungserfolg nicht ohne<br />
Erziehungsmitverantwortung<br />
Das folgende Beispiel dokumentiert, wie Lehrer das Elternverhalten im<br />
Schulkontext vor dem Hintergr<strong>und</strong> gesellschaftlicher Bildungsanforderungen<br />
deuten <strong>und</strong> daraus Handlungsprobleme für die Zusammenarbeit im<br />
institutionellen Kontext der Schule ableiten:<br />
„(I)ch mein es ist natürlich auch in den letzten Jahren der (.) Druck<br />
gestiegen es muss Gymnasium sein bei den Eltern //I: hm// weil der<br />
Ruf der Hauptschule ja zunehmend schlechter wird //I: hm// <strong>und</strong> da<br />
natürlich dann auch relativ viel erwartet wird <strong>und</strong> (.) wir versuchen<br />
zwar ((seufzt)) durch die Aufnahme schon relativ gut auszuwählen<br />
wer passt auch auf eine <strong>Ganztagsschule</strong> <strong>und</strong> aber sagen wir der Anspruch<br />
bei den Eltern ist (.) schon sehr hoch <strong>und</strong> ich hab´s jetzt grad<br />
wieder an einer Situation erlebt in meiner 10. Klasse hab ich einen<br />
Schüler der die 10. Klasse wiederholt der kam erst zu uns auf die<br />
Schule in der 9. Jahrgangsstufe <strong>und</strong> hm macht manchmal so einen<br />
Eindruck als (.) dass er so sehr langsam wir wissen es nicht genau ob<br />
er es jetzt provozierend meint //I: hm// <strong>und</strong> ist natürlich leistungsmäßig<br />
auch sehr schwach <strong>und</strong> äh wir haben dann so Beurteilungsbögen<br />
die zum Halbjahr rausgehen die (.) also […] schulrechtlich nichts<br />
gelten sondern da soll den Eltern so mitgeteilt werden so sehen wir<br />
ihr Kind ja //I: hm// Und da hat halt ein Kollege das recht deutlich<br />
reingeschrieben wie er das sieht dass er so langsam ist <strong>und</strong> er das eigentlich<br />
nicht dulden will <strong>und</strong> da hat sich die Mutter eben im Direktorat<br />
beschwert ja wie man ihren Sohn sieht <strong>und</strong> äh (3) dass sie das<br />
einfach nicht akzeptieren will […] also ich würde mir z.B. von der<br />
Mutter wünschen dass sie ihren Sohn zu Hause fragt sag mal wie<br />
kommt denn der Lehrer dazu dich so zu sehen //I: hm// ja ich find<br />
zwar die Aussage so ein bisschen grenzwertig aber der muss doch irgendeinen<br />
Gr<strong>und</strong> haben (.) aber nein da wird dann [… ] einfach das<br />
Problem weg geschoben dass sie mit ihrem Buben eigentlich nicht<br />
klar kommt das hab ich auch so in einem Gespräch halt festgestellt<br />
wo ich mit der Mutter <strong>und</strong> dem Sohn geführt hab dass da äh (.) ja (.)<br />
nicht sehr viel Kommunikation //I: hm// vorkommt <strong>zwischen</strong> Mutter<br />
<strong>und</strong> Sohn <strong>und</strong> jetzt sollen wir´s richten (.) Und das sind halt dann<br />
so Grenzen an die wir stoßen ja //I: hm// wenn wir wenig Möglichkeiten<br />
haben auf den Jungen einzuwirken weil er einfach nicht reagiert<br />
//I: hm// <strong>und</strong> äh die Mutter bei bestimmten Anlässen halt die<br />
Schuld bei der Schule sucht dann wird´s hier schwierig“ (Herr<br />
Knecht, GGS)<br />
Der Lehrer rahmt zunächst ein schwieriges Lehrer-Schüler-Verhältnis primär<br />
als eine Situation, die gesellschaftlich bedingt ist. Damit verweist er auf<br />
einen gesellschaftlichen Erwartungsdruck, der auf den Eltern lastet, ihren<br />
Kindern die höchste Schulqualifikation zu ermöglichen („es muss Gymnasium<br />
sein bei den Eltern“). Das hat nach Ansicht des Lehrers zufolge, dass<br />
die Eltern die Schule allein nach der Schulform wählen <strong>und</strong> nicht danach,