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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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meinsame Folgerungen für Fördermaßnahmen zu ziehen („individuelle<br />

Partnerschaft“).<br />

3) Schließlich wird auf eine „kollektive Partnerschaft“ abgezielt, die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Fragen des Schullebens betrifft (z.B. Schulvereinbarungen) (vgl.<br />

ebd., S. 82).<br />

Das Konzept der „Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungspartnerschaft“ setzt demnach<br />

voraus, dass <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ganztagsschule</strong> als gleichberechtigte Partner autonom<br />

agieren <strong>und</strong> eine gemeinsame Verantwortung für die Erziehung <strong>und</strong><br />

Bildung der Heranwachsenden tragen. Damit geht dieses Konzept weit über<br />

die herkömmliche Elternarbeit hinaus, die noch eine ergänzende bzw. arbeitsteilig<br />

organisierte Zusammenarbeit zum Vorbild hatte, nach der <strong>Familie</strong><br />

für die Sozialisation <strong>und</strong> Erziehung (laut GG Art.6, Abs.2) <strong>und</strong> Schule für<br />

die Sozialisation <strong>und</strong> Bildung zuständig waren (vgl. Pekrun 2001;<br />

Busch/Scholz 2002; Busse/Helsper 2007). In diesem Fall sind die Partner<br />

auf die Leistungen des jeweils anderen Partners angewiesen. Damit besitzen<br />

beide eine heteronome Position, gerade weil sie eine der Aufgaben, entweder<br />

Bildung oder Erziehung, an den Partner abgegeben haben. In einer<br />

<strong>Ganztagsschule</strong>, die zunehmend Sozialisations- <strong>und</strong> Erziehungsaufgaben<br />

übernimmt, weil sie neben dem Unterricht in ihren Freizeitangeboten für<br />

die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schülerschaft sorgt (vgl. Coelen/Otto<br />

2008), sind daher zwei zusätzliche idealtypische Szenarien vorstellbar, nach<br />

denen sich die Machtverhältnisse <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ganztagsschule</strong><br />

zugunsten jeweils eines Partners verschieben:<br />

Eltern als Berater: Während die Eltern die Verantwortung für die Bildung<br />

oder für die Bildung <strong>und</strong> Erziehung ihrer Kinder der <strong>Ganztagsschule</strong> übertragen<br />

(Abgabe von Verantwortung), behalten sie sich in der Frage der<br />

„richtigen“ Erziehung <strong>und</strong>/oder Bildung die Deutungshoheit <strong>und</strong> verstehen<br />

ihre Funktion im Schulkontext als autonome Beratungstätigkeit i.S. eines<br />

einseitigen Wissenstransfers (vgl. Pohlmann 2006, 33).<br />

Schule als Berater: Die Schule sieht durch den gemeinsamen Bildungs- <strong>und</strong><br />

Erziehungsauftrag ihre Autonomie beschnitten. Um Bildung <strong>und</strong> Erziehung<br />

nach ihrem (professionellen) Verständnis zu gestalten, muss sie die Eltern<br />

als kompetente Partner anerkennen. Gerade weil Eltern dies nicht leisten<br />

können, werden sie als professionalisierungsbedürftig angesehen <strong>und</strong> entsprechend<br />

beraten (vgl. auch Melzer 1999, S. 301; Kolbe et al. 2009).<br />

Beide Idealtypen gestalten sich daher weder kooperativ noch arbeitsteilig,<br />

solange eine der beiden Seiten den Expertenstatus beansprucht <strong>und</strong> Aufgaben<br />

delegiert bzw. deren Durchführung zu steuern versucht. Diese<br />

„Übergriffsformen“ können mit der Erwartung vonseiten der <strong>Familie</strong> einhergehen,<br />

wie ihre Kinder von dem pädagogischen Personal zu erziehen<br />

seien, vonseiten des Schulpersonals dagegen mit einer Erwartung, wie die<br />

Eltern schulische Unterstützung der Schüler zu gestalten haben. Die jeweiligen<br />

Idealtypen des Verhältnisses <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Schule lassen sich<br />

schematisch als Gegensatzpaare von gemeinsamer Verantwortung <strong>und</strong> Abgabe<br />

von Verantwortung sowie Autonomie <strong>und</strong> Heteronomie folgendermaßen<br />

darstellen:<br />

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