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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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5.6 Kooperation <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ganztagsschule</strong>. Potenziale <strong>und</strong> Hindernisse<br />

einer Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungspartnerschaft<br />

Kooperation <strong>zwischen</strong> Eltern <strong>und</strong> Schule ist sehr wichtig – so urteilen zumindest<br />

94,6% der Eltern laut einer Umfrage des Bildungsbarometers (vgl.<br />

Jäger-Flor/Jäger 2010, S. 10f.). Tatsächlich aber – so scheint es – bleiben<br />

sie mit dieser Meinung allein, wenn die Initiative eher von den Eltern als<br />

von den Lehrern ausgeht (vgl. ebd., S. 12f.). Es deutet sich damit an, dass<br />

sich eine Kooperation eher schwierig gestaltet, wenn nicht beide Seiten zur<br />

Zusammenarbeit bereit sind.<br />

Historisch <strong>und</strong> auch strukturell besehen ist dieser Bef<strong>und</strong> jedoch nicht<br />

neu: Mit der Einführung der Schulpflicht im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> der Professionalisierung<br />

des Lehrerberufs wurde die Rolle der Eltern als Erzieher<br />

<strong>und</strong> die Rolle der <strong>Familie</strong> als Bildungsort zunehmend in Frage gestellt (vgl.<br />

Tyrell/Vanderstraeten 2007, S. 165; Oevermann 2006, S. 78; Helsper et al.<br />

2009, S. 36).<br />

In der Diskussion um die <strong>Ganztagsschule</strong> – vor allem im Kontext der<br />

PISA-Studie – wird die Bedeutung der Schule für Gesellschaft <strong>und</strong> insbesondere<br />

die <strong>Familie</strong> erneut deutlich. Damit verb<strong>und</strong>en sind sowohl bildungspolitische<br />

Interessen, wie die Förderung von Bildung <strong>und</strong> Chancengleichheit,<br />

als auch um familienpolitische Interessen. Das betrifft insbesondere<br />

die Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Beruf angesichts einer Flexibilisierung<br />

der Arbeitszeiten <strong>und</strong> einer Pluralisierung der <strong>Familie</strong>nformen. Die<br />

<strong>Ganztagsschule</strong> erhält in diesem Zusammenhang jedoch einen doppelten<br />

Bildungsauftrag: Zum einen soll sie Kinder <strong>und</strong> Jugendliche individuell fördern<br />

<strong>und</strong> betreuen, um die Eltern durch die Übernahme von Betreuungsaufgaben<br />

zeitlich zu entlasten. Zum anderen ist mit dieser Aufgabe auch der<br />

Auftrag verb<strong>und</strong>en, die Eltern in ihrer Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungskompetenz<br />

zu stärken (vgl. Wissenschaftlicher Beirat für <strong>Familie</strong>nfragen 2006, S. 10).<br />

„Die Eltern stehen somit vor einer paradoxen Situation: sie werden einerseits<br />

durch neue Betreuungs- <strong>und</strong> Schulformen entlastet, andererseits erfahren<br />

sie einen verstärkten Druck, für eine ‚gute‟ Erziehung <strong>und</strong> Bildung ihrer<br />

Kinder zu sorgen.“ (Jurczyk 2008, S. 11).<br />

Mit der Ganztagsschuldebatte scheint damit ein Transformationsprozess<br />

im Verhältnis <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Schule angestoßen: Nachdem vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> der historischen Entwicklung die pädagogische Kompetenz<br />

der Eltern zunächst infrage gestellt wurde, wird nun die Elternrolle als pädagogisch<br />

relevant angesehen. Diesen Ansatz aufgreifend wird in der Ganztagsschuldebatte<br />

das Konzept der „Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungspartnerschaft“<br />

diskutiert (vgl. Wissenschaftlicher Beirat für <strong>Familie</strong>nfragen 2006), das im<br />

theoretischen Teil dieser Arbeit bereits vorgestellt wurde (Kap. 2.3.3).<br />

Offen bleibt jedoch die Frage, ob sich dieser „Bewusstseinswandel“ in<br />

Richtung einer gemeinsamen Verantwortung <strong>und</strong> Handlungskompetenz<br />

auch auf die Gestaltung des Verhältnisses <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ganztagsschule</strong><br />

auswirkt. Um diese Frage nach der Gestaltungspraxis des Austausches<br />

<strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ganztagsschule</strong> zu untersuchen, wurde es notwendig,<br />

die jeweiligen Erfahrungen der Eltern, aber auch der LehrerInnen<br />

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