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Landtag Brandenburg P-ABJS 5/47 Protokoll

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Pädagogik in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH<br />

Schwach sichtbare Selbstreflexivität und Evaluation<br />

Gerade weil die Arbeit mit den Zielgruppen strapaziös ist und Scheitern im Großen und<br />

Kleinen zum Alltag gehört, wäre eine grundsätzlich offene, selbstreflexive und selbstkritische<br />

Grundhaltung angezeigt. Und es ist unseres Erachtens ein ständiger Suchauftrag<br />

herauszufinden, auf welche Art der Ansprache ein junger Mensch ggf. günstig<br />

oder weniger günstig reagiert. Eine Grundhaltung, die einräumt, selbst „falsch liegen<br />

zu können", ist weder aus dem Geist noch aus den Buchstaben der untersuchten Dokumente<br />

abzulesen. Wer mit diesen jungen Menschen arbeitet, wird Kränkungen erleben,<br />

zweifeln, Fehler machen, schuldig werden. Solche Gefühle und Erlebensweisen<br />

dürfen nicht als Schwächen gebrandmarkt werden, sondern sind Quelle für wache<br />

Pädagogik. Auch aus der Evaluation von Betreuungspraxen und Lebensbewährung<br />

könnte gelernt werden. Zwar wird in der Haasenburg GmbH jeder Schritt dokumentiert.<br />

Die Stimmen der Adressat/-innen haben allerdings auch rückblickend in den Fällen<br />

von ungünstigem Verlauf anscheinend kein starkes Gewicht. Es könnte allerdings<br />

sein, dass das organisationale Lernen im skizzierten Sinne im Alltag und in der metaperspektivischen<br />

Verarbeitung entwickelter ist als es die Dokumente spiegeln.<br />

Beziehungsdilemma<br />

Die Pädagog/-innen in der Haasenburg treten den jungen Menschen als Autoritäten<br />

gegenüber. Sie haben regelmäßig stark einschränkende, kontrollierende und verhaltenslenkende<br />

Aufgaben zu erfüllen, handeln damit versagend und bereiten Unlust. Sie<br />

stellen objektiv eine Bedrohungsmacht dar, die Angst auslöst, von der man nicht bei<br />

Fehlverhalten ertappt werden will, deren Stimmungen man ausgesetzt ist. Nun steht<br />

sowieso in Frage, in welchem Ausmaß und wie Vertrauen in professionellen Betreuungsverhältnissen,<br />

etwa im Kontext stationärer Erziehungshilfe, aufgebaut und gehalten<br />

werden kann. Unter den Bedingungen der Haasenburg GmbH erscheint es nicht<br />

leicht, eine Beziehung im emphatischen Sinn anzustreben, konzeptionell zu versprechen<br />

bzw. pädagogisch zu erwarten. Das pädagogische Personal in der Haasenburg<br />

GmbH handelt überwiegend, folgt man dem Programm, rollenförmig. Wenig Raum<br />

erhält die Mensch-Seite mit Elementen wie resonanzgesteuerte Interaktion, Reversibilität<br />

im Kontakt, Mitgefühl, personnahe Selbstmitteilungen der Erwachsenen, Eingeständnis<br />

von Zweifeln, einfaches Beisammensein ohne engen Vorbildanspruch. Institutionell<br />

gefördert wird die/der technizistische Pädagoge bzw. Pädagogin, die Vorgaben<br />

recht weitgehend „ohne Ansehen der Person abarbeitet". Das bedeutet nicht, dass<br />

Pädagog/-innen ihre Rolle nicht individuell gefärbt und mit „kontrolliertem Herzen" geben.<br />

Das wird ganz besonders in der grünen Phase und in den Verselbstständigungsbereichen<br />

gelten und besonders dann greifen, wenn Betreuungsverhältnisse zwei oder<br />

drei Jahre währen. Einladungen dazu finden sich in den Schriften allerdings nur sehr<br />

verhalten. Und es ist eine große Herausforderung für Kinder und Jugendliche bzw.<br />

fordert hohe Integrationsleistungen, zu einem Menschen eine positive Beziehung aufzubauen,<br />

der einen selbst unterworfen hat und der sich der Devise verschrieben hat:<br />

„Zuwendung und Unterstützung stets als AutoritätsperSon anbieten und innere Distanz<br />

wahren!" (II, Katalog zur Betreuung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen, 5).<br />

Dabei ist es immer von elementarer Bedeutung, ob Pädagog/-innen zu jungen Menschen<br />

vordringen und sie zur Mitarbeit bewegen können. Ohne Erleben von Fairness,<br />

von Nutzen, ohne ggf. stillschweigendes Einverständnis, was durch „Mögen" der Gegenüber,<br />

attraktive Entschädigungen in Freizeit und Schule, einen wohlwollenden Gesamtrahmen<br />

und gute Gespräche (auch über Zwang) entstehen könnte, wird Reaktanz<br />

angesichts von auferlegten Beschränkungen dominieren. Eine hohe Personal-<br />

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