Landtag Brandenburg P-ABJS 5/47 Protokoll
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Die Haasenburg GmbH im Spiegel der Mitarbeiter/-innen<br />
weil sich die „Verschwiegenheitspflicht" nach § 9 eines befristeten Anstellungsvertrages<br />
auch auf die Vergütungsvereinbarung bezog.<br />
In einem uns vorliegenden Arbeitsvertrag von 2011 wurde in vielen Paragraphen Bezug<br />
auf rechtliche Grundlagen genommen, nicht jedoch bei der Höhe der Vergütung.<br />
Nach unseren Informationen gab und gibt es in der Haasenburg GmbH kein transparentes<br />
schriftlich festgelegtes Tarifsystem.<br />
8.3.7 Zum pädagogischen Geschehen<br />
Obwohl sich in den letzten Jahren die Aufnahmeprozedur zum Positiven verändert<br />
haben könnte, wurde noch im Jahre 2011 berichtet, wie fünf bis sechs Erzieher/-innen<br />
einen Jungen, der noch von kindlicher Erscheinung gewesen sein soll, am Aufnahmetag<br />
am Auto abgeholt und ihn in sein künftiges Zimmer eskortiert hätten. Als er aus<br />
dem Zimmer habe laufen wollen, hätten ihn zwei muskulöse Männer sofort zu Boden<br />
gebracht, ihn auf den Bauch gelegt und die Hände auf den Rücken hochgezogen. Dies<br />
sei äußerst schmerzhaft gewesen. Danach sei der Junge zum Duschen gebracht worden<br />
und habe unter Aufsicht andere Kleidung anziehen müssen.<br />
Obwohl eine Antiaggressions-Maßnahme für alle am Geschehen Beteiligte und die<br />
Betroffenen eine physisch und psychisch äußerst belastende Situation dargestellt<br />
habe, konnte sie laut Haasenburg-Konzeption in Einzelfällen fachlich geboten und notwendig<br />
gewesen sein. Bei Selbst- und Fremdgefährdung der Jugendlichen musste<br />
das Fachpersonal intervenieren, um einen größeren Schaden abzuwenden. Selbst<br />
wenn die Voraussetzungen bestanden hätten — eine erhebliche Selbst- und Fremdgefährdung,<br />
Deeskalationsmaßnahmen waren erfolglos, keine anderen Mittel zur Abwendung<br />
der Gefahr, Anordnung bzw. Billigung durch eine Leitungskraft — habe die<br />
Durchführung zu Verletzungen bei dem Betroffenen und den Beteiligten führen können,<br />
wenn die Jugendlichen sich gewehrt hätten. Ob diese Verletzungen bei größerer<br />
Sorgfalt zu verhindern gewesen wären oder ob sogar Verletzungen billigend in Kauf<br />
genommen worden seien, konnte, weil die Ereignisse schon Monate oder Jahre zurückgelegen<br />
haben, nicht mehr hinreichend aufgeklärt werden.<br />
Auch die im Nachgang umfangreichen Tätigkeiten (Meldungen an das Landesjugendamt<br />
und an die Jugendämter, Einschaltung eines Arztes etc.) sind äußerst fehleranfällig.<br />
Ob eine notwendige Benachrichtigung an einen Arzt oder an eine Behörde einmal<br />
vergessen wurde oder ob die Weitergabe einer notwendigen Mitteilung bewusst verschwiegen<br />
wurde, kann nur schwerlich im Nachgang beurteilt werden.<br />
Anhand unserer Unterlagen entsteht der Eindruck, dass die Maßnahme nicht selten<br />
auch dann durchgeführt wurde, wenn verbale Beleidigungen im Zuge eines eskalierten<br />
Streits auftraten oder bei grober Missachtung von Verhaltensanweisungen (Verweigerung).<br />
Dieser Eindruck wurde noch verstärkt, weil standardisierte Meldungen an<br />
die Ämter gemacht wurden, in denen in der Regel weder das mögliche Fehlverhalten<br />
einer Fachkraft problematisiert noch strukturelle Gründe als Ausgangsbedingungen<br />
eines Streites genannt wurden.<br />
Einige ehemalige Mitarbeiter/-innen, die mechanische Fixierungen und Begrenzungen<br />
entweder als Beteiligte oder mehr als Zuschauer erlebt hätten, bestätigten diesen Eindruck<br />
und berichteten, dass diese Maßnahme auch nach Gehorsamsverweigerung<br />
durchgeführt worden sei. Es wurde weiter sogar berichtet, dass diese Maßnahme in<br />
Einzelfällen auch vom Fach- oder Leitungspersonal provoziert worden sei.<br />
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