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Landtag Brandenburg P-ABJS 5/47 Protokoll

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Die Haasenburg GmbH im Spiegel der Mitarbeiter/-innen<br />

Aus einem Teamberatungsprotokoll des Jahres 2008 wurden nicht nur die Themen<br />

und deren Bearbeitung mit den Ergebnissen ersichtlich, sondern auch der erwünschte<br />

Ablauf einer Antiaggressions-Maßnahme. Es wurden der Charakter der Einrichtung<br />

betont (die Haasenburg GmbH sei ein fakultativ geschlossenes Heim), die rechtliche<br />

Grundlage (§1631 BGB) genannt, die Voraussetzungen zur Durchführung einer Fixierung<br />

(z. B. Einverständnis der Eltern bzw. des Vormundes) aufgelistet und Verhaltensanweisungen<br />

während der Maßnahme erläutert. Bei Leibesvisitationen soll z. B. die<br />

Kamera im Büro ausgeschaltet sein und der Schweigepflicht wegen dürfe mit keinem<br />

Externen über einen Vorfall gesprochen werden etc.<br />

Der Gruppenalltag soll von Drill und Disziplinierung gekennzeichnet gewesen sein.<br />

Eine Person berichtete, dass sich ein Mädchen (in Neuendorf) erhängt habe, ohne<br />

dass darüber im Team oder in der Einrichtung anschließend gesprochen worden sei.<br />

Ein anderer Beschäftigter habe erlebt, wie eine Jugendliche im Nebenzimmer, die unter<br />

Drogeneinfluss gestanden habe, mit allen Mitteln des Konzepts wach gehalten<br />

worden sei (mit Begrenzung etc.). Nach mehreren Stunden sei ein Krankenwagen<br />

gerufen worden; das Mädchen sei abgeholt und nie mehr wieder gesehen worden.<br />

Es wurde ferner immer wieder berichtet, dass auch mit inadäquaten Mitteln auf die<br />

konkreten Defizite und Störungen der Jugendlichen eingegangen worden sei. So wurde<br />

berichtet, dass einzelne Jugendliche mit Symptomen von geistiger Behinderung im<br />

Gruppenalltag überfordert und nicht in der Lage gewesen seien, die Verhaltensanforderungen<br />

kognitiv zu begreifen und dann umzusetzen.<br />

Es wurde auch von einem 13jährigen Jungen berichtet, der eine Hirnschädigung in<br />

Folge einer Hirnhautentzündung gehabt habe und der nicht vor seinem Aufenthalt im<br />

Haasenburg-Heim straffällig geworden sei, der aber lange in der „roten Phase" habe<br />

verharren müssen.<br />

Junge Menschen, die eine Lese- und Rechtschreibschwäche gehabt hätten, hätten,<br />

wenn sie in der Rechtschreibung Fehler gemacht hätten, sehr häufig, manchmal fünf<br />

Mal und mehr, den Text eines Blattes neu schreiben müssen.<br />

Berichtet wurde auch, dass auch essgestörte Jugendliche in der Haasenburg GmbH<br />

aufgenommen und betreut worden seien, die nach Intention der Haasenburg GmbH z.<br />

B. das Übergewicht durch eine „Radikalkur" hätten senken sollen.<br />

8.3.8 Zum Konzept<br />

Das lerntheoretische Konzept mit dem Chip-System wurde am Anfang der Beschäftigungszeit<br />

von einigen ehemaligen Mitarbeiter/-innen als eine sinnvolle Strukturierungshilfe<br />

empfunden. Problematisch sei es geworden, wenn das Chip-System in Einzelfällen<br />

von Leitungskräften und Erzieher/-innen missbraucht worden sei. Wenn ein<br />

Mensch in einem System erzogen und betreut werde, das von Funktionsinhabern auch<br />

zur Befriedigung eigener Interessen und Befindlichkeiten missbraucht werden könne,<br />

lerne die abhängige Person, ggf. berechnend mit Willkür umzugehen.<br />

Es wurde mehrmals von unwürdigen Strafen berichtet (z. B. Komposthaufen mit den<br />

Händen umschichten, viele Liegestütze oder „Hampelmänner" machen, mehrmals um<br />

den Häuserblock laufen, sich eine Stunde lang im Entengang bewegen).<br />

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