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Die Masken Odins

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28 DIE MASKEN ODINS<br />

genannt – „alt-jung“ entsprechend dem biblischen „der Hochbetagte“ –,<br />

ein Begriff, den der Verstand nur im Gefolge der Intuition begreifen<br />

kann. Yggdrasil ist <strong>Odins</strong> Roß, oder mit gleicher Logik, sein Galgen, was<br />

ein göttliches Opfer, eine Kreuzigung des Stillen Wächters bedeutet, dessen<br />

Körper eine Welt ist. Nach dieser Meinung stellt jeder Lebensbaum,<br />

ob groß oder klein, ein Kreuz dar, auf dem seine herrschende Gottheit für<br />

die Dauer seiner materiellen Gegenwart angenagelt bleibt. Während<br />

Yggdrasil sich auf ein ganzes Universum mit all seinen Welten beziehen<br />

kann, ist jeder Mensch ein Yggdrasil in seinen eigenen Grenzen, eine<br />

Miniatur der kosmischen Esche. Jeder ist in dem göttlichen Grund des<br />

All-Seins verwurzelt und trägt seinen Odin – den allgegenwärtigen Geist,<br />

der die Wurzel und der Grund aller lebenden Dinge ist.<br />

Jeder Lebensbaum – menschlich oder kosmisch – zieht seine<br />

Nahrung aus drei Wurzeln, die in drei Regionen hineinreichen: eine<br />

wächst in Ásgárd, der Wohnung der Aesir, wo sie aus Urds Brunnen,<br />

gewöhnlich als die Vergangenheit übersetzt, gewässert wird. <strong>Die</strong> wirkliche<br />

Bedeutung des Namens ist jedoch Ursprung, erste Ursache. <strong>Die</strong><br />

Assoziation führt zu den früheren Ursachen, aus denen alle nachfolgenden<br />

Wirkungen fließen. Urd ist eine von den drei „Jungfrauen, die viel<br />

wissen“ – den Nornen oder Parzen, deren voraussehender Blick<br />

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft überfliegt, wenn sie die Fäden<br />

der Bestimmung für die Welten und Menschen spinnen. „Eine wurde<br />

Ursprung genannt, die zweite Werden; diese zwei formten die dritte,<br />

Schuld genannt. Des Glückes Lose, Leben und Tod, die Schicksale der<br />

Helden, alles kommt von ihnen“. 5 Urd, die Vergangenheit, personifiziert<br />

alles, was früher geschehen war und ist die Ursache sowohl der<br />

Gegenwart als auch der Zukunft. Verdandi ist die Gegenwart, aber sie ist<br />

kein statischer Zustand: im Gegenteil, sie bedeutet Werden – der<br />

dynamische, ewig wechselnde, mathematische Punkt zwischen Vergangenheit<br />

und Zukunft; ein Punkt von vitaler Wichtigkeit, denn es ist der<br />

ewige Augenblick der Wahl für den Menschen, wenn eine bewußte,<br />

gewollte Entscheidung getroffen wird, die durch den Wunsch entweder<br />

5. Völuspá, 20.

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