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LOK Magazin Altbau-Elloks (Vorschau)

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DER FOTOGRAF ULF OTTO<br />

vom Lokgewicht plattgewalzt als kostbares Kleinod<br />

aufgehoben wurde.<br />

Noch zwei besondere Erinnerungen: Einmal<br />

war eine Lok, es muss schon in der Nachkriegszeit<br />

gewesen sein, mitten in der Stadt entgleist und in<br />

den daneben fließenden Döllnitzbach gestürzt, wo<br />

sie monatelang zur Seite gekippt und vom Wasser<br />

durchspült auf Bergung wartete. Das Döllnitzwasser<br />

spielte mehrere Male im Jahreslauf eine entscheidende<br />

Rolle, wenn nach winterlicher Schneeschmelze<br />

oder sommerlichen Gewittergüssen der<br />

Fahrbetrieb wegen Hochwassers ganz und gar eingestellt<br />

werden musste. Übrigens hat das Bächlein<br />

dem heutigen Betreiber den Namen „Döllnitzbahn“<br />

eingebracht.<br />

Eine Märklin-Bahn für 3,50 Reichsmark<br />

Das alles haben andere Oschatzer Jungen auch erlebt.<br />

Der eigentliche Virus, der den späteren Eisenbahnfan<br />

infizierte, kam am Heiligen Abend 1 938<br />

zum Vorschein. Hatte doch der Vater in seinem Ar-<br />

„Oschatz – Mügeln – Mutzschen – Mailand“, so<br />

heißt es aus Spaß in der Gegend der Döllnitzbahn<br />

beitszimmer völlig unbemerkt eine kleinere Märk -<br />

lin-Uhrwerk-Eisenbahn aufgebaut. Deren Federwerk<br />

wurde mit einem massiven Schlüssel in Gang<br />

gesetzt und ließ die zweiachsige Schlepptenderlok<br />

mit drei oder vier Waggons am Haken mehrere<br />

Runden dahinsausen.<br />

Das ganze in Spur O: Lok und Tender waren<br />

zum Preis von Reichsmark 3,50 zu haben! Wer<br />

achtete zu der Zeit auf Detailreichtum oder Modelltreue!<br />

Das handfeste Blechgerät war exakt das<br />

richtige Spielzeug für einen Vierjährigen. Natürlich<br />

kam purer Neid auf, weil in den Weihnachtszimmern<br />

gleichaltriger Nachbarskinder das Ganze<br />

bereits elektrisch perfektioniert war.<br />

Dann und wann wurde die kleine Anlage erweitert<br />

und in der „guten Stube“ auf dem Teppich verlegt,<br />

weil der Platz im väterlichen Arbeitszimmer<br />

längst zu klein geworden war. Übrigens waren in<br />

meiner Generation Weihnachten und Spielzeug -<br />

eisenbahn fast identisch.<br />

Diese jugendliche Eisenbahnliebhaberei hatte<br />

unmittelbar nach Kriegsende auch ihr eigenes,<br />

schmerzhaftes Ende, nachdem das gesamte Haus -<br />

inventar – Märklin-Spielzeug inclusive – von Staats<br />

wegen beschlagnahmt worden war.<br />

<strong>LOK</strong><strong>Magazin</strong> 11 | 2014<br />

Oschatz: Im April 1991 dampfte es noch regulär vor<br />

Güterzügen. Rechts ein alter S-4000-Lkw<br />

Die Faszination hat jedoch niemals aufgehört.<br />

Jahre später leistete ich mir in Münchberg in Oberfranken<br />

den ersten Märklin-Katalog, der nach<br />

Kriegsende erschienen war. Spur O spielte faktisch<br />

keine Rolle mehr, das schillernde und verlockende<br />

Angebot in HO war allerdings für das Taschengeld<br />

eines Vierzehnjährigen unerschwinglich. Doch der<br />

Kauf lohnte sich außerordentlich: Aus 60 Pfennigen<br />

Katalog-Kaufpreis wurden viele Jahre später<br />

1 80 DM dank fremder Sammlerleidenschaft!<br />

Jeden Tag im MCi<br />

Jahrelang war ich in Oberfranken Fahrschüler, also<br />

werktäglich mit Eisenbahnen unterwegs. Alles,<br />

insbesondere auch Loks und Waggons, hatte sein<br />

Nachkriegsimage. Schon die Ausrüstung der alten<br />

preußischen Abteilwagen mit gasbetriebenen Lampen<br />

nach jahrelanger Dunkelheit kam einer Sensation<br />

gleich. Ich hatte meinen Stammplatz zwischen<br />

Kirchenlamitz Stadt und Kirchenlamitz Ost<br />

in einem Behelfspersonenwagen MCi, 3. Klasse.<br />

Irgendwann einmal, es muss im Frühjahr 1 950<br />

gewesen sein, bummelte ich nach Schulschluss am<br />

Hofer Bahnsteig entlang. Auf die kritische Anfrage<br />

eines Mitschülers, was denn als Zuglok vorge-<br />

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