Jahresbericht 2007 - Cusanuswerk
Jahresbericht 2007 - Cusanuswerk
Jahresbericht 2007 - Cusanuswerk
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Mitleidenden, und demjenigen, der in der schwächeren Position ist, dem Bemitleideten.<br />
Prof. Dr. Detlef Fetchenhauer als Sozialpsychologe ging der Frage nach, ob Mitleid etwas<br />
genuin Menschliches ist; dieses konnte bejaht werden: Menschen sind wie keine andere<br />
Spezies in der Lage, sich negativ, aber auch positiv anderen Mitgliedern ihrer Spezies<br />
gegenüber zu verhalten. Motivatoren prosozialen Verhaltens seien vor allem Selbstbelohnung,<br />
Stimmungsverbesserung, Vermeidung von Schuldgefühlen und Sanktionen,<br />
Vermeidung von Stressgefühlen. Jedoch seien darüber hinaus auch rein altruistische<br />
Motive für prosoziales Verhalten nachweisbar. Der Religionswissenschaftler Uwe Herrmann<br />
richtete den Fokus auf die unterschiedlichen Mitleidskonzepte in den Weltreligionen.<br />
Mitleidskonzepte seien vor allem eng verknüpft mit den in der jeweiligen Religion<br />
vorherrschenden Gottes- und Jenseitsvorstellungen. Prof. Dr. Hermann Kappelhoff,<br />
Professor für Film- und Mediengeschichte und Medientheorie, analysierte den Umgang<br />
von Mitleidsregungen in Filmen und ging damit auf die Instrumentalisierung von Mitleid<br />
als eine unentbehrliche Zutat vieler Filme und Tragödien ein.<br />
Die Komplexität von Mitleid wurde während der Graduiertentagung nicht aufgelöst.<br />
Stattdessen konnte die Kritik- und Urteilsfähigkeit auf Konzepte des Mitleids, deren Bewertung<br />
und Verwendung in der Gesellschaft geschärft werden. Man mochte am Ende,<br />
Kant folgend, über das Mitleid verächtlich denken und es deshalb als eine verachtungswürdige<br />
Gefühlsgeste betrachten. Man mochte das Mitleid, zur Freude Schopenhauers,<br />
als Urquell der Menschlichkeit preisen. Man mochte sich als Christ auf die Tugenden der<br />
Nächstenliebe und Barmherzigkeit besinnen. Nicht zu leugnen ist jedoch, dass Mitleid<br />
eine der wichtigsten Emotionen für eine Gesellschaft ist, die dennoch vergleichsweise<br />
unerklärbar geblieben ist. Man kann es ein Rätsel und gleichzeitig ein Wunder nennen,<br />
dass die Tugend des Mitleids nicht ausstirbt. Gleichwohl kann man sich nicht darauf<br />
verlassen, dass sie selbstverständlich gedeiht: Man muss sie vorleben, ohne Vorbilder<br />
verkommt sie.<br />
C<br />
Vorträge:<br />
Dr. Corinna Mieth, Bonn<br />
> Vier Einwände gegen die Mitleidsethik<br />
Prof. Dr. Detlef Fetchenhauer<br />
> Zwischen Gut und Böse: Zur Erklärung von Altruismus und Mitleid im menschlichen<br />
Verhalten<br />
Uwe Herrmann, Unsere Kirche Evangelische Wochenzeitung<br />
> Der Welt zugewandt: Die Idee des Mitleids am Beispiel großer Weltreligionen aus<br />
religionswissenschaftlicher Perspektive<br />
Prof. Dr. Hermann Kappelhoff<br />
> Shell shoked face: melodramatische Pathosformen im US-amerikanischen Kriegsfilm<br />
55