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Jahresbericht 2007 - Cusanuswerk

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Bildungsveranstaltungen<br />

den Möglichkeiten und Grenzen ihrer Anwendbarkeit auseinandergesetzt.<br />

Mit dem linguistischen Beitrag „ ‚Performativität’ und ‚Performanz’: Zur kulturwissenschaftlichen<br />

Karriere von zwei sprachphilosophischen und sprachwissenschaftlichen<br />

Begriffen“ von Prof. Dr. Ekkehard König, Anglist aus Berlin, begann die Tagung mit einem<br />

allgemeinen Überblick über die Begriffsgeschichte und mündete schließlich in die Frage:<br />

Ist Performativität als „Perspektive“ oder als „Kraft“ zu sehen? Oder eventuell als keines<br />

von beidem?<br />

In Anschluss daran kam es mit den Aspekten „Inskription“ und „Iteration“ zu einer Erweiterung<br />

dieser Fragestellung „à la Derrida“. Glenn Patten, Mitarbeiter am Lehrstuhl für<br />

klassische Philologie in Heidelberg, stellte mit Performanz und Dekonstruktion Derridas<br />

Austinlektüre vor. Herr Patten thematisierte dabei dessen Ablehnung bzw. das Hinterfragen<br />

des austinschen Performanzbegriffes. Er machte zudem deutlich, dass die performative<br />

Kraft nach Derrida eher in der Kraft der différance besteht und es das performative<br />

Ereignis eines „ersten Mals“ nach dessen Vorstellung nicht gibt.<br />

Nach den zwei theoretischen Vorträgen verortete Gabriele Flemming, Mediävistin aus<br />

Konstanz und Altcusanerin, den Begriff der Performanz in dem Gesamtkonzept ihrer<br />

Dissertation. Dreh- und Angelpunkt ihrer mit zahlreichen Bildbeiträgen illustrierten<br />

Präsentation „Das geistliche Spiel zwischen Liturgie und Drama. Untersuchung zu den<br />

liturgischen Sonderriten am Konstanzer Münster“ war das Verständnis der Liturgie als<br />

performativer Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte.<br />

Die Münsteraner Germanistin Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf leitete den Workshop<br />

zum Thema „Judith Butler: Performativität und Politik“. Leitfragen der gemeinsamen<br />

Textarbeit waren „Wie gebraucht Butler Performativität?“, „Was heißt Performativität<br />

des Geschlechts?“ und „Was bedeutet eine Politik des Performativen?“ Hier wurde aus<br />

gendertheoretischer Perspektive deutlich, wie über performative Akte Geschlechtsidentität<br />

konstituiert, genauso aber auch „verschoben“ werden kann.<br />

Um die „Performanz“ nicht nur theoretisch zu erörtern, sondern auch praktisch zu erfahren,<br />

stand Henrik Ibsens Schauspiel Peer Gynt mit der Bühnenmusik von Edvard Grieg auf<br />

dem Abendprogramm. Die Inszenierung für Schauspieler, Sänger, Puppen, Chor und Orchester<br />

gab uns einigen Diskussionsstoff, gerade auch hinsichtlich des Tagungsthemas.<br />

Den „rhetorischen“ Abschluss bildete der Vortrag von Prof. Dr. Joachim Knape, Lehrstuhlinhaber<br />

der Allgemeinen Rhetorik in Tübingen. In seinem Beitrag zu Rhetorik, Medien<br />

und Performanz war er – nunmehr aus der Sicht seiner Disziplin – um Begriffsklärung<br />

bemüht und erweiterte das (chomskysche) Paar der Kompetenz und Performanz zur<br />

rhetorischen Trias von Kompetenz, Praxis und Performanz.<br />

Sei es Perspektive, sei es Kraft – es bleibt abzuwarten, wie weit der begriffliche Bogen<br />

der zur Performativität gewordenen Performanz sich in Zukunft spannen lässt, ohne an<br />

floskelhafter Allgemeingültigkeit zu zerreißen.<br />

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