Jahresbericht 2007 - Cusanuswerk
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Bildungsveranstaltungen<br />
Graduiertentagung III<br />
Thema:<br />
Transplantationsmedizin<br />
Zeit: 7. bis 11. November <strong>2007</strong><br />
Ort:<br />
Schönburg, Oberwesel<br />
Teilnehmer/innen: 20<br />
Geistliche Begleitung: P. Dr. Cosmas Hoffmann OSB<br />
Leitung:<br />
Dr. Ingrid Reul<br />
„Sollen wir als Organspender in Geiselhaft kommen?“ Mit dieser Schlagzeile reagierte<br />
die FAZ im April <strong>2007</strong> auf die Stellungnahme, die der Nationale Ethikrat zum bisher gültigen<br />
Transplantationsgesetz in der Bundesrepublik formuliert hatte. Angesichts eines<br />
eklatanten Mangels an Spenderorganen, der sich in langen Wartelisten dokumentiert<br />
und dazu führt, dass medizinische Möglichkeiten oft nicht umgesetzt werden können,<br />
stellte der Ethikrat eine Änderung des Transplantationsgesetzes zur Diskussion. Während<br />
das bisher gültige Gesetz von 1997 die postmortale Organspende von der ausdrücklich<br />
erklärten Zustimmung des Spenders bzw. der Angehörigen abhängig macht,<br />
sieht der Änderungsentwurf vor, dass jeder Bürger eine persönliche Erklärung darüber<br />
abgeben soll, ob er zur Organspende bereit ist; bei unterbliebener Erklärung soll, so der<br />
NER, die postmortale Organentnahme erlaubt sein, sofern ihr die Angehörigen nicht<br />
widersprechen.<br />
Die durch diesen Vorschlag ausgelöste öffentliche Debatte gab der Graduiertentagung<br />
neben den ohnehin schon kontrovers diskutierten medizinischen, rechtlichen, ethischen<br />
und politischen Aspekten eine weitere Dimension.<br />
In den Vorträgen von Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel und PD Dr. Alireza Gharabaghi wurde<br />
der notwendige Überblick über die Möglichkeiten und Verfahrensweisen der heutigen<br />
Transplantationsmedizin sowie über den Stand der Forschung gegeben. Dabei ging es<br />
zunächst um die häufigsten Organstransplantationen (Niere, Leber, Herz) und um die<br />
grundsätzlichen Fragen, die sich damit verbinden. Die Überlegung, ob und zu welchem<br />
Nutzen transplantiert werden soll, führte dann zu einem Sonderfall – den Neuroimplantaten.<br />
Hier steht der medizinische Aspekt in besonderer Verbindung mit der Diskussion<br />
über die Identität des Menschen: Neuroimplantate werden einerseits zur Therapie eingesetzt<br />
– etwa bei Morbus Parkinson –, können aber auch bei psychiatrischen Erkrankungen<br />
oder im Sinne des „Enhancement“, zur Steigerung „normaler“ Gehirnfunktionen,<br />
verwendet werden.<br />
Ausgehend von den medizinischen Beiträgen thematisierte die Tagung vor allem die<br />
rechtlichen und die ethischen Kontroversen, die sich mit dem Thema verbinden. Prof.<br />
Dr. Jochen Taupitz stellte den Vorschlag des Nationalen Ethikrats zur Änderung des<br />
Transplantationsgesetzes vor, und Prof. Dr. Klaus Steigleder widmete sich aus ethischer<br />
Perspektive der Frage nach dem Hirntod-Kriterium sowie der Abwägung von postmortaler<br />
Organspende und Lebendspende.<br />
Im Ergebnis entstand ein sehr differenziertes Bild des gesellschaftlichen Diskussionsprozesses<br />
– und der in jedem Einzelfall gegebenen Entscheidungssituation, mit der Spender<br />
und Empfänger, Ärzte und Angehörige konfrontiert sind.<br />
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