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Jahrbuch 2012 - Förderverein des Canisianum - Gymnasium ...

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Fortsetzung von Seite 143<br />

Cani Community<br />

die Arbeitssprache ist meistens Englisch.<br />

Das Coaching wird von Menschen mit<br />

Führungsverantwortung in Unternehmen,<br />

Hochschulen, Gesundheits- oder<br />

Sozialeinrichtungen genutzt. Zielgruppe<br />

ist die Ebene der Geschäftsführer, Direktoren<br />

und Abteilungsleiter. Im Coaching<br />

stehen Strategie-Themen und persönliche<br />

Fragen im Fokus, zu denen ein<br />

vertrauliches Gespräch gesucht wird. In<br />

der Regel wird thematisiert, was hinter<br />

den Kulissen der Organisation stattfindet:<br />

Schattenseiten von Erfolg, Konflikte<br />

in der Organisation, berufliche Überbeanspruchung,<br />

Umgang mit Niederlagen,<br />

Ängsten oder Krisen.<br />

Viele Klienten wollen klären, wie sie<br />

ihre persönlichen Wertvorstellungen an<br />

ihrem Arbeitsplatz realisieren können.<br />

In psychologischen Trainings geht es um<br />

die Vermittlung verschiedener Methoden,<br />

etwa zur kollegialen Beratung, zur<br />

Konfliktlösung, Verhandlungsführung<br />

oder Selbststeuerung. Psychologische<br />

Managementberatung, wie ich sie verstehe,<br />

will einen Beitrag zur Humanisierung<br />

der Arbeitswelt leisten.<br />

Sie haben auch Lehraufträge an der<br />

Fachhochschule für Wirtschaft in Berlin<br />

und an der Uni Münster übernommen.<br />

Was hat sie an dieser akademischen<br />

Lehrtätigkeit gereizt?<br />

Die zentrale Stärke der Psychologie<br />

liegt in der System-Analytik, dem<br />

Wechselspiel zwischen Individuum und<br />

Kontext. Die Psychologie kann in vielen<br />

Ausbildungs- und Arbeitsfeldern im<br />

Sinne einer modernen Leitwissenschaft<br />

ausgesprochen nützlich sein. Mich reizt<br />

der Theorie-Praxis-Transfer und die<br />

Ausbildung motivierter Studierender.<br />

Da ich meinen Beruf sehr gerne ausübe,<br />

vermittle ich <strong>des</strong>sen Wissen, Methoden<br />

und Haltungen mit Überzeugung. Die<br />

psychologische Ausbildung hat den<br />

Vorteil, dass sie sowohl eine intellektuelle<br />

wie auch eine emotionale Herausforderung<br />

darstellt. Als ich 2009 eine<br />

Berufung als Professor an eine Berliner<br />

Hochschule erhalten habe, konnte ich<br />

mir allerdings nicht vorstellen, auf die<br />

Vielfalt und das Interessante meiner<br />

heutigen Tätigkeit zu verzichten und<br />

ausschließlich zu lehren.<br />

Es wird oft behauptet, Lehrer müssten<br />

heute neben ihrer eigentlichen<br />

Aufgabe der Wissens- und Wertevermittlung<br />

immer mehr auch<br />

die Aufgaben von Sozialarbeitern<br />

wahrnehmen. Haben Sie als Psychologe<br />

in diesem Zusammenhang auch<br />

mit Schulen Erfahrungen sammeln<br />

können?<br />

Ich habe einige Jahre auch Schulkollegien<br />

beraten und inzwischen einen<br />

enormen Respekt vor der großen und<br />

anspruchsvollen Leistung, die viele<br />

Lehrer erbringen. Meine Überzeugung<br />

ist, dass Lehrer nicht nur Schulfächer<br />

unterrichten, sondern Menschen bilden<br />

und die Bildung von Menschen ist nur<br />

um den Preis einer auf Schüler- und<br />

Lehrerseite phasenweise auch anstrengenden<br />

Auseinandersetzung zu haben.<br />

Das impliziert, dass die Schule nicht nur<br />

Kinder, sondern auch Lehrer entwickelt<br />

und verändert. Bildung verstehe ich als<br />

lebenslangen und interaktiven Prozess.<br />

Da man auf diesem langen Weg auch<br />

soziale Konflikte und Probleme erfahren<br />

wird, sollte vor allem eingeübt werden,<br />

partnerschaftliche Umgangs- und Lösungskompetenzen<br />

aufzubauen. Könnte<br />

es dafür einen wirkungsvolleren sozialen<br />

Lernort geben als die Schule?<br />

Angesichts der Tatsache, dass die familiäre<br />

Sozialisation instabiler geworden<br />

ist, wünsche ich betroffenen Kindern<br />

Lehrer, zu deren Werteverständnis es<br />

gehört, menschlicher Ansprechpartner<br />

auch in Problemzonen zu bleiben. Das<br />

wünsche ich auch den Lehrern selbst.<br />

Empirische Studien belegen nämlich<br />

positive Effekte für die Gesundheit von<br />

Lehrern, die fachlich und als Person wirkungsvollen<br />

Einfluss ausüben und für<br />

ihre Arbeit und ihre Schüler brennen.<br />

Lehrer sind als Personen und menschliche<br />

Ansprechpartner für Schüler<br />

wichtiger, als sie selbst es glauben. Ich<br />

weiß natürlich, dass man diese Art von<br />

personalem Engagement von niemandem<br />

per Dienstvertrag fordern kann.<br />

Ich weiß aber auch, dass Schüler sich<br />

mit Blick auf Lehrer fragen: „Macht der<br />

seine Arbeit gerne? Hat der mich persönlich<br />

im Blick oder macht der das nur,<br />

weil er Geld für seine Arbeit bekommt?“<br />

Hat das <strong>Canisianum</strong> Sie in irgendeiner<br />

Weise hinsichtlich der Berufswahl<br />

beeinflusst?<br />

Für mein heutiges Tätigkeitsprofil gab<br />

es sicher kein konkretes Modell, aber<br />

durchaus wirksame Einflüsse. In den<br />

Romanen und Gedichten meiner Leistungskurse<br />

Englisch und Französisch<br />

sowie im Fach Deutsch wurden existentielle<br />

menschliche Themen behandelt,<br />

deren psychologische Facetten mich<br />

damals weit über den Unterricht hinaus<br />

beschäftigt und interessiert haben. Die<br />

Lehrerin und Lehrer dieser Fächer haben<br />

mich nachhaltig für das Lesen und<br />

die Auseinandersetzung mit Literatur<br />

begeistert. Die Textarbeit war eine Art<br />

psychologisches Propädeutikum.<br />

Dabei lernte man Akteure und<br />

deren Bedingungskontexte zu verstehen.<br />

Es gab damals bei mir eine erste vage<br />

Cani Community<br />

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