Häuserchronik von Weissenkirchen, Joch<strong>in</strong>g, Wösendorf und <strong>St</strong>. <strong>Michael</strong>; Raimund Korner, 2007 146 Familienchronik von Herrn Raimund Scheuch, geb. 1876 <strong>in</strong> Weißenkirchen, später Lehrer <strong>in</strong> Zöb<strong>in</strong>g Geschwister von OSR Raimund Scheuch: Scheuch Karl, geb. 1863 <strong>in</strong> Kottes, heiratet Ros<strong>in</strong>a Pöltner, Gastwirt <strong>in</strong> Wien, gest. 1930 Scheuch Alois, geb. 1867 <strong>in</strong> Kottes, heiratet Dorothea Pöltner, Fleischhacker <strong>in</strong> Weißenkirchen, gestorben 1924. Scheuch Johanna, geb. 1869 <strong>in</strong> Kottes, heiratet Fuchs Florian, wan<strong>der</strong>t 1893 nach Amerika (Kalifornien) aus
Häuserchronik von Weissenkirchen, Joch<strong>in</strong>g, Wösendorf und <strong>St</strong>. <strong>Michael</strong>; Raimund Korner, 2007 147 Herr Raimund Scheuch schreibt von se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit <strong>in</strong> Weißenkirchen (aufgeschrieben etwa 1959, Er<strong>in</strong>nerungen von den Jahren 1880 bis 1890 <strong>in</strong> Weißenkirchen): Me<strong>in</strong> Vater: Geb. 1833, (Sohn des Scheuch Johann, B<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> Ossarn) Er war <strong>in</strong> <strong>St</strong>e<strong>in</strong> im Gasthaus <strong>Michael</strong> Berger bedienstet, wo er me<strong>in</strong>e Mutter kennenlernte (MariaAnna Kaufmann, Tocher e<strong>in</strong>es Bauern, Gossam), die ebenfalls bei diesem Gastwirt bedienstet war; er war danach Gastwirt und Fleischhacker <strong>in</strong> Kottes (1862 bis 1875), später dann Fleischhacker <strong>in</strong> Weißenkirchen Nr. 20. Bescheidene Verhältnisse zu Hause, <strong>in</strong> Ossarn (bei Herzogenburg), man war um jeden Esser weniger froh, <strong>der</strong> Vater musste früh aus dem Haus. Me<strong>in</strong>e Mutter: Geboren 1836, sie hatte 5 Geschwister, g<strong>in</strong>g bis zum 12. Lebensjahr <strong>in</strong> Emmersdorf <strong>in</strong> die Schule, erzählte über ihre Schulzeit: zuerst lernten wir buchstabieren, dann silabieren (= silbenweises Lesen also b a ba o<strong>der</strong> b i bi); es hat gute zwei Jahre gedauert, bis wir e<strong>in</strong> bisschen lesen konnten; geschrieben wurde mit e<strong>in</strong>er Gansfe<strong>der</strong>, die <strong>der</strong> Schulmeister fallweise mit se<strong>in</strong>em Messer zuschnitt (daher „Fe<strong>der</strong>messer“ als Ausdruck für Taschenmesser); gute wirtschaftliche Verhältnisse im Elternhaus, 8 Kühe, 2 Ochsen, 6 bis 8 Schwe<strong>in</strong>e; die Mutter kommt mit 20 als Köch<strong>in</strong> nach <strong>St</strong>e<strong>in</strong> Übersiedlung <strong>der</strong> Familie 1875 von Kottes nach Weißenkirchen, ärmliche Verhältnisse, Vater war <strong>in</strong> Kottes verschuldet; zunächst wird e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wohnung im „Hafnerhaus“ <strong>in</strong> Weißenkirchen Nr. 37 gemietet (das damals dem Gastwirt Salomon gehörte und <strong>in</strong> dem auch ich zur Welt kam), dann ab 1876 im Fleischhackerhaus Nr. 20 am Marktplatz. Ich wurde am 1. Aug. 1876 als jüngstes von 4 K<strong>in</strong><strong>der</strong>n geboren, war sehr zart, die Hebamme Wimmer riet, den Arzt zu rufen; <strong>der</strong> me<strong>in</strong>te: „Das K<strong>in</strong>d ist so schwach, es wird wohl nicht überleben!“ Der alte Gr<strong>in</strong>n<strong>in</strong>ger aus Rührsdorf, e<strong>in</strong> „Wen<strong>der</strong>“, wurde auf Anraten <strong>der</strong> Nachbar<strong>in</strong> (<strong>der</strong> alten Wagner<strong>in</strong>) geholt und „wendete“ den „Unterwuchs“... Und merkwürdig! Der Gr<strong>in</strong>n<strong>in</strong>ger wendete, me<strong>in</strong>e Mutter und die alte Wagner<strong>in</strong> beteten und ich kam davon und b<strong>in</strong> heute (1. 8. 1959) 83 Jahre alt! Es gab ke<strong>in</strong>e Naschereien, jeden Tag e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache, e<strong>in</strong>tönige Kost, viel R<strong>in</strong>dfleisch, nur am Sonntag Braten und Salat; kärgliches Nachtmahl: Flecksuppe, Erdäpfel- o<strong>der</strong> <strong>St</strong>osuppe; e<strong>in</strong> Tag mit Grieskoch o<strong>der</strong> Schmarren war e<strong>in</strong> Festtag! E<strong>in</strong>en Guglhupf gab es nur zu Ostern und zu Weihnachten. Familienleben: <strong>St</strong>renger, aber nicht hartherziger Vater, gütige Mutter; zu den Eltern wurde nicht „Du“ gesagt, son<strong>der</strong>n „Wann da Vota ...“ o<strong>der</strong> „Wann d´Muatta“ Manchmal Schläge vom Vater für die älteren Brü<strong>der</strong>, nicht aber für die Schwester o<strong>der</strong> für mich. Vater duldete ke<strong>in</strong>e Tierquälerei (manchmal aus Übermut durch Gehilfen o<strong>der</strong> Lehrjungen), auch nicht beim Transport <strong>der</strong> Tiere, obwohl man natürlich <strong>St</strong>ricke und Ketten brauchte ... Gütige Mutter, die zu Hause schaltete und waltete und die bei ihrer Arbeit glücklich war; g<strong>in</strong>g nur wochentags <strong>in</strong> die Kirche, da sie am Samstag o<strong>der</strong> am Sonntag ke<strong>in</strong>e Zeit dazu hatte; sie musste im Geschäft o<strong>der</strong> beim Fleisch e<strong>in</strong>hacken mithelfen. Die Eltern haben für die Armen viel Gutes getan, damals große Not im Ort, beson<strong>der</strong>s im W<strong>in</strong>ter; Arme wurden von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de auf „bessere“ Häuser aufgeteilt, wo diese e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche e<strong>in</strong> Mittagsmahl bekamen; <strong>der</strong> Invalide Graf (er hatte im Krieg gegen Italien [1866] e<strong>in</strong> Be<strong>in</strong> verloren, hatte e<strong>in</strong>en<strong>St</strong>elzfuß), er hatte se<strong>in</strong> Werkl (Leierkasten) mit und spielte nach dem Essen e<strong>in</strong>en Marsch o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Walzer; mir brachte er oft um 1 Kreuzer Fruchtzucker mit, sehr zu me<strong>in</strong>er Freude! Am Donnerstag kam <strong>der</strong> alte Hillerer, halbbl<strong>in</strong>d, mühsam mit e<strong>in</strong>em <strong>St</strong>ock; mit e<strong>in</strong>em irdenen Topf teilte er dann das Essen mit se<strong>in</strong>em Weib; Am Samstag kam die alte Döcker<strong>in</strong>, setzte sich auf den Schemel beim Ofen und jammerte, sie sei schon alt, fast bl<strong>in</strong>d und „tärisch“, aber <strong>der</strong> Herrgott hole sie noch immer nicht; diese Personen
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