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St. Michael - Weißenkirchen in der Wachau

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Häuserchronik von Weissenkirchen, Joch<strong>in</strong>g, Wösendorf und <strong>St</strong>. <strong>Michael</strong>; Raimund Korner, 2007 149<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n; sogar an<strong>der</strong>e Amtspersonen (Bürgermeister o<strong>der</strong> Ortsschulratsobmann) züchtigten<br />

manchmal nach Kle<strong>in</strong>igkeiten (zum Beispiel wenn e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d beim Grüßen nicht <strong>in</strong>s Gesicht schaute)<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit Schlägen. Auch die Katecheten und Religionslehrer (etwa Katechet Johann Weiß,<br />

Pfarrer Frimmel) waren nicht an<strong>der</strong>s und verlangten oft nur ständiges Herunterleiern von <strong>St</strong>rophen<br />

und Gebeten.<br />

Wirtschaftliche Verhältnisse<br />

Die meisten Hauer waren arg verschuldet, mussten für die Z<strong>in</strong>sen rackern; es gab häufig Mißernten<br />

und die Qualität des We<strong>in</strong>es (Traubensorte „Grobe“) war mangelhaft. Essigsie<strong>der</strong> kauften den<br />

sauren We<strong>in</strong> um wenige Kreuzer. Besserer We<strong>in</strong>, wie er von den Wirten ausgeschenkt wurde,<br />

wurde um 12 bis 15 Kreuzer gekauft und um 24 Kreuzer ausgeschenkt.<br />

Viele arme Leute erhielten ke<strong>in</strong>erlei Unterstützung, für sie gab es oft wochenlang ke<strong>in</strong> <strong>St</strong>ück Fleisch<br />

zum Essen, nur Knödel und Zuspeis, am Sonntag wurde dann aus e<strong>in</strong>em <strong>St</strong>ück R<strong>in</strong>dsleber e<strong>in</strong>e<br />

„Lebersoß“ für die ganze Familie zubereitet.<br />

Oft kamen K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus armen Hauerfamilien und baten um e<strong>in</strong> Mittagessen.<br />

Zum großen Holzlager bei <strong>der</strong> Donau – <strong>der</strong> „Lostatt“ (wahrsche<strong>in</strong>lich mundartlich für<br />

„Ladestätte“?) brachten Waldviertler Bauern mit ihren Leiterwagen Sch<strong>in</strong>deln, Latten, Laden,<br />

Pfosten und Brennholz. Diese Waren wurden <strong>in</strong> <strong>St</strong>apeln zwischengelagert und dann <strong>in</strong> riesigen<br />

Holzschiffen donauabwärts transportiert. Diese Schiffe hießen <strong>der</strong> Größe nach abwärts „Simmer<strong>in</strong>“,<br />

„Gams“ und „Trauner“. Die abger<strong>in</strong>deten, oft bis zu 30m langen Baumstämme wurden zu Flößen<br />

zusammengebunden und dann ebenso mit Holz beladen.<br />

Die beiden Holzhändler hatten mehr als zwei Dutzend P<strong>in</strong>zgauer Hengste, die die leeren Schiffe<br />

stromaufwärts zogen. Dazu war e<strong>in</strong> eigener Weg am Ufer, <strong>der</strong> „Treppelweg“, angelegt. Bei <strong>der</strong><br />

Donau stehen noch die „Salzstadeln“, <strong>in</strong> denen das Salz aus Oberösterreich o<strong>der</strong> Salzburg<br />

e<strong>in</strong>gelagert und dann weiter verfrachtet wurde.<br />

Auch drei Obsthändler gab es <strong>in</strong> Weißenkirchen, die das Obst <strong>in</strong> große Kähnen nach Wien brachten.<br />

Die Donau war vor <strong>der</strong> Regulierung viel fischreicher, e<strong>in</strong> Berufsfischer – Fam. Preleitner, <strong>der</strong> Vater<br />

mit zwei Söhnen – war das ganze Jahr mit dem Fischfang beschäftigt. Händler und Hausierer aus<br />

allen Teilen <strong>der</strong> Monarchie g<strong>in</strong>gen von Haus zu Haus, Zwirn- und Tuchhändler, Pfannflicker,<br />

Hausierer mit Taschen- und Rasiermessern, Mährer mit Gemüsesamen, mit Gewürzen, Händler mit<br />

Schwarzwäl<strong>der</strong>uhren, ...<br />

Verkehrsverhältnisse<br />

Mit Perdefuhrwerken wurden Futtermittel <strong>der</strong> Bauern nach Krems transportiert (Heu, Klee, <strong>St</strong>roh,<br />

aber auch We<strong>in</strong>stecken); am Sonntag waren oft Kremser Geschäftsleute mit e<strong>in</strong>em „Landauer“<br />

unterwegs. Die Postkutsche fuhr 2mal am Tag von Krems nach Spitz und Ottenschlag, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />

Postwagen fuhr 1mal täglich nach Els und zurück.<br />

Der Schiffsverkehr war im Sommer ziemlich lebhaft. Es gab drei große Personendampfer<br />

(„Kronpr<strong>in</strong>z Rudolf“, „Maria Valerie“ und „Gisela“) und fünf kle<strong>in</strong>ere Dampfer, die <strong>in</strong><br />

Weißenkirchen <strong>St</strong>ation machten. Frachtschiffe bewegten sich mit 2 bis 3 Frachtkähnen mühsam<br />

stromaufwärts. E<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit waren die Kettenschiffe, die sich an e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Donau liegenden<br />

eisernen Kette (verlegt von Wien bis Passau) den <strong>St</strong>rom h<strong>in</strong>auf zogen. E<strong>in</strong> Zahnrad am Bug des<br />

Schiffes griff <strong>in</strong> die Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kette; diese wurde dann das Schiff entlanggeführt und durch e<strong>in</strong><br />

R<strong>in</strong>nenrad am Heck wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> das Wasser geleitet; nach <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende wurde die Kette aus<br />

<strong>der</strong> Donau genommen und diese Art <strong>der</strong> Schiffe e<strong>in</strong>gestellt.<br />

Das Fahrrad <strong>der</strong> damaligen Zeit war das „Hochrad“, e<strong>in</strong> Fahrrad mit e<strong>in</strong>em großen Rad, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

R<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Umfanges e<strong>in</strong>e Vollgummie<strong>in</strong>lage hatte. Kam e<strong>in</strong> Radfahrer durch die Ortschaft, was ja<br />

nur selten vorkam, so machte dies großes Aufsehen und die Leute liefen aus ihren Häusern. Das<br />

Fahren auf den damaligen groben Schotterstraßen war mit diesen Vehikeln e<strong>in</strong>igermaßen schwierig.<br />

Ende <strong>der</strong> 80iger-Jahre wurde dieses Hochrad durch das Rad mit 2 gleich hohen Rä<strong>der</strong>n ersetzt.<br />

Dieses Rad hatte anfangs auch am Umfang e<strong>in</strong>en Falz und dar<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e Vollgummie<strong>in</strong>lage. Erst<br />

Anfang <strong>der</strong> 90iger-jahre wurde dieser Vollgummi durch e<strong>in</strong>en Luftschlauch ersetzt.

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