Boropa SpIELZEITMaGaZIn 2010/2011 - Schauspielhaus Bochum
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enegade.<br />
Neues<br />
tanztheater<br />
in <strong>Bochum</strong><br />
Es treffen sich drei B-Boys – Breakdancer<br />
– aus Duisburg und Herne, die<br />
zur Musik Bewegungen machen können,<br />
die sich ein normaler Mensch<br />
nicht einmal vorstellen kann, deren<br />
Bühne aber bisher ausschließlich die<br />
Straße war. Eine klassische Tänzerin<br />
aus Rom, die sonst auf den internationalen<br />
Ballettbühnen Europas<br />
zu Hause ist. Ein junger Modern<br />
Dancer, der direkt von der Folkwang<br />
universität in Essen kommt. und ein<br />
Flatliner – BMX-Radfahrer – mitsamt<br />
seinem Bike aus köln.<br />
Sechs Tänzer, die unterschiedlicher<br />
kaum sein könnten und die<br />
eigentlich, so sollte man meinen,<br />
nicht zusammengehören. In der<br />
Tanztheaterproduktion „Schwarze<br />
katze“ standen sie vor zwei Jahren<br />
trotzdem gemeinsam auf der Bühne<br />
in der <strong>Bochum</strong>er Jahrhunderthalle<br />
und zeigten zu einem gewagten Musikmix<br />
quer durch alle Stilrichtungen<br />
eine neue Form von Tanztheater, die<br />
es so vorher in der Ruhrregion nicht<br />
gegeben hatte. Choreografin des<br />
Abends war Malou Airaudo, langjährige<br />
Solotänzerin in der Compagnie<br />
von pina Bausch. Verantwortlich für<br />
die Mischung und dafür, dass diese<br />
Begegnung überhaupt zustande kam,<br />
war eine Truppe, die unter dem Namen<br />
„Renegade“ seit einigen Jahren<br />
von einem unscheinbaren gemeindezentrumsähnlichen<br />
Haus in Herne<br />
aus die Tanz- und Streetart-Szene der<br />
Region aufmischt.<br />
Die „Abtrünnigen“ (so die wörtliche<br />
Übersetzung) kommen von der<br />
Straße, aber sie durchqueren in ihrer<br />
Arbeit die ganze Stadt. Sie haben es<br />
geschafft, aus den traditionellen<br />
Straßenkünsten wie HipHop, Breakdance<br />
und Graffiti in Verbindung<br />
mit klassischem Tanz und modernem<br />
Tanztheater eine Ästhetik<br />
zu entwickeln, die sich eindeutig<br />
draußen auf der Straße verortet,<br />
aber niemals im Vorstadt-Ghetto gefangen<br />
bleibt. Auf den vielfältigen<br />
Ebenen ihrer künstlerischen Arbeit<br />
verbinden sie immer wieder widersprüchliche<br />
kräfte und Strategien.<br />
Sie mixen Tanz, Musik, Schauspiel<br />
und bildende kunst zu einer neuen,<br />
hochaktuellen Ausdrucksform: ausgebildete<br />
Tänzer arbeiten mit den<br />
besten Streetart-künstlern des Ruhrgebiets,<br />
Deutschlands und Europas.<br />
So verbinden sich nicht nur soziale<br />
Milieus und kulturen, sondern<br />
auch künstlerische Techniken und<br />
Ausdrucksformen, die jenseits einer<br />
Trennlinie von Sub- und Hochkultur<br />
funktionieren. Nicht mehr Bühne<br />
gegen Straße, nicht Migranten-Battle<br />
gegen deutsche leitkultur, nicht<br />
drinnen gegen draußen, sondern<br />
eine neue kreative Mischung führt<br />
zu einer spannungsgeladenen eigenständigen<br />
Ästhetik.<br />
Das <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> erhält<br />
wieder einen Tanzpartner: Mit Beginn<br />
der neuen Intendanz startet<br />
„Renegade in Residence“. Renegade<br />
nutzt die Räume des <strong>Schauspielhaus</strong>es<br />
in <strong>Bochum</strong>, Choreografen<br />
und Tänzer werden Teil des Hauses<br />
und arbeiten immer wieder auch in<br />
den „klassischen“ produktionen des<br />
Hauses. und einmal im Jahr entsteht<br />
unter der künstlerischen leitung von<br />
Renegade eine gemeinsame produktion<br />
– mit den Tänzern, mit vielen<br />
künstlern aus Europa wie auch mit<br />
dem Ensemble des <strong>Schauspielhaus</strong>es.<br />
Die erste gleich am Eröffnungswochenende<br />
der neuen Saison im<br />
Herbst.<br />
Die neue Zusammenarbeit ist zugleich<br />
Fortsetzung und Weiterentwicklung<br />
einer bereits erprobten<br />
Verbindung: Regisseurin und Choreografin<br />
des neuen Stückes ist Malou<br />
Airaudo.<br />
23<br />
Nouvelle Piece<br />
Renegade in Residence<br />
Uraufführung am 24. September <strong>2010</strong><br />
in den Kammerspielen<br />
Die erste neue Tanztheaterarbeit von Renegade am <strong>Schauspielhaus</strong><br />
<strong>Bochum</strong> entsteht in der Regie und Choreografie<br />
von Malou Airaudo. Auf der Bühne stehen acht Tänzer, die<br />
teils aus dem professionellen Tanz- und HipHop-Bereich,<br />
teils aus dem regionalen und europäischen Streetart-Kontext<br />
stammen.<br />
Das Thema entwickeln Renegade und <strong>Schauspielhaus</strong><br />
<strong>Bochum</strong> gemeinsam. Es wird um Momente des „Dazwischen“<br />
gehen, in denen Neues entsteht oder Altes vergeht:<br />
Ein Bergsteiger im Moment des Absturzes, das Durchqueren<br />
eines Tunnels, Transiterfahrungen, der Augenblick<br />
zwischen Leben und Tod. Momente, in denen das Leben<br />
stillsteht und gleichzeitig an einem vorüberrast, in denen<br />
alles denkbar ist und zugleich alles im nächsten Augenblick<br />
zu Ende sein könnte. Momente, die sich anfüllen mit Erinnerungen,<br />
mit Visionen, mit ungeahnten Möglichkeiten<br />
und Vorstellungen. Momente, in denen sich Bekanntes<br />
mit Unbekanntem verbindet und daraus etwas Explosives<br />
entsteht. Die Tänzer dieser ersten gemeinsamen Produktion<br />
stammen aus Herne und Berlin, aus Duisburg und der<br />
Schweiz, aus Celle und Italien. Sie sind Pantomimen und<br />
B-Boys, klassische Tänzer und Modernisten.<br />
Regie und Choreografie: Malou Airaudo<br />
Eine gemeinsame Produktion von<br />
<strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> und Pottporus/Renegade<br />
Gefördert vom Ministerpräsidenten<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
MAlou AirAudo<br />
wurde 1948 geboren und begann früh ihre Tanzausbildung.<br />
Schon im Alter von acht Jahren lernte sie an der Schule der<br />
Opéra de Marseille und tanzte dort unter der Leitung von<br />
Joseph Lazzini im Ensemble. Über Monte Carlo und Amiens<br />
gelangte sie 1970 nach New York, wo sie nicht nur mit Manuel<br />
Alum arbeitete, sondern auch Pina Bausch traf. So kam<br />
sie 1973 nach Nordrhein-Westfalen in die Compagnie des neu<br />
gegründeten Tanztheaters in Wuppertal und wurde dort eine<br />
der prägenden Solistinnen. Ihr Solo „Le Sacre du Printemps“<br />
ist sicher die berühmteste Arbeit, die aus der Zusammenarbeit<br />
dieser beiden Tanztheater-Ikonen entstand. Später arbeitete<br />
sie in Paris, Lorraine und Genf, pflegt aber seit langem eine<br />
Verbindung zum Ruhrgebiet: Seit 1984 ist sie Professorin für<br />
Zeitgenössischen Tanz an der Folkwang Universität. So kommt<br />
sie nicht als Fremde, sondern als Freundin in die Region, wenn<br />
sie mit Renegade am <strong>Schauspielhaus</strong> <strong>Bochum</strong> arbeitet.