on […] eine Art und Weise, sich gegenüber seinem Nachbarn zu verhalten; eine Methode, der jeder, trotz guten Willens, folgen muss.“ Auch wenn die Vorurteile fünfzehn Jahrhunderte zurückreichen, es ist die Islamfeindlichkeit, die seit Ende des Kalten Krieges die blinden Reaktionen der muslimischen Welt ausnutzt und verstärkt. Die Strategie hinter dem Clash der Kulturen betreibt Desinformation und erzeugt die Vorstellung, dass Widerstand gegen Hegemonie und Besatzung einen Akt unzulässiger Gewalt darstellt. Doch der Einsatz von Gewalt wurzelt vielmehr in den Bedingungen, die seinen Gebrauch gestatten – oder untersagen. Im Islam kann die Frage des Widerstands, wie es der Hl. Augustinus für den Begriff des gerechten Krieges ausdrückt, nicht außerhalb seines Kontextes gedacht werden. So kann der Rückgriff auf „Gewalt“ nur erfolgen, wenn der Frieden, das Überleben oder die Würde beeinträchtigt werden. Dank des Monotheismus war die Humanisierung der menschlichen Beziehungen möglich. Die Freiheit hat der Gläubige im 18. Jahrhundert nicht gefunden, doch die Werte Abrahams sind eine der Quellen des Humanismus. Das, was probleme bereitet, sind die Repräsentation der modernen Welt und die Instrumentalisierung der Religion. nicht Das EnDE DEr WElt, abEr Das EnDE EinEr WElt MITTELMEERBEWOHNER — MuSTApHA CHERIF Trotz der Emanzipation gegenüber religiösen Autoritäten und der logischen Trennung zwischen kirchlicher und staatlicher Autorität wie auch der öffentlichen und privaten Sphäre erleben wir einen Rückzug des Rechts, die Verdrängung der prinzipien Abrahams von Gastfreundschaft und Dialog sowie den Zusammenbruch der Gerechtigkeit. Das Risiko besteht in der Neutralisierung der beiden Dimensionen des Menschen: das politische (die Demokratie) und das Religiöse (die Ethik). Nichts ist politisch, nichts ist religiös, so sagt man, um dem Nihilismus und der parole „alles ist Ware“ Raum zu lassen. Diese Sichtweise erzwingt einen Dialog der Tauben mit katastrophalen Folgen. Die Sinnfrage hat für die meisten keine Verbindung mehr zur Religion. Das ist nicht das Ende der Welt, aber das Ende einer Welt. Das müssen wir verstehen, um etwas anderes zu finden, das sich der Begrenzung entzieht. Im Bereich des Wissens besteht der besorgniserregende Aspekt darin, dass die Möglichkeit des Denkens und des Andersdenkens in Frage gestellt wird. Das moderne Denken bevorzugt die Mathematik und ihre Anwendungen auf den Markt. Zwei paradoxe Sichtweisen der modernen Kultur besagen, dass die Religion entweder trösten soll, ohne sich in das Weltgeschehen einzumischen, oder sie ist Entfremdung. Im Bereich der politik wird die Gesellschaft als ein produktivkörper wahrgenommen, unterworfen den Interessen der Kapitaleigner. Diese Entpolitisierung stellt die Möglichkeit in Frage, ein Volk zu sein, das im Namen der Freiheit darüber entscheiden kann, einen Gesellschaftsentwurf nach erfolgter Debatte Realität werden zu lassen. 46 Trotz der Legitimität der Institutionen und des freien Marktes ist die öffentliche und gemeinsame Suche nach dem Gerechten, dem Schönen und dem Wahren rund um das Mittelmeer mit Hypotheken belastet. Diese Sackgassen, die sich globalisieren und von der politik der zwei Maße gegenüber den eher passiven Moslems noch vergrößert werden, macht die Idee des Clashs der Kulturen hinfällig und die Notwendigkeit einer neuen Kultur, die ein Zusammenleben ermöglicht, dringend. notWEnDigkEit EinEr nEuEn kultur Der Dialog hat drei Ziele: Das erste Ziel ist die wechselseitige Erkenntnis, verbunden mit der Notwendigkeit, den anderen und sich selbst zu erkennen. Das zweite Ziel ist die gemeinsame Suche nach dem Schönen, dem Guten und dem Wahren, um einen gemeinsamen Begriff und universelle Normen zu finden. Das dritte Ziel des Dialogs ist die Tat. Das Ziel ist die Vermehrung guter und gerechter Handlungen. Wechselseitige Erkenntnis, eine gemeinsame Sprache und Begriffe sowie Gerechtigkeit sind die drei Ziele des Dialogs zwischen Orient und Okzident. Was die muslimische Welt verstehen muss, ist, dass die Stärke der europäischen Kultur, trotz ihrer probleme, in der Entschlossenheit besteht, mit der sich die Vernunft ihren eigenen Grenzen stellt. Was der Okzident verstehen muss: der Islamismus ist ein Anti-Islam. Der Moslem jedoch hat immer schon teilgenommen und kann immer noch teilnehmen an der Suche nach einer Kultur, die noch fehlt. mustapha chErif IST pHILOSOpH, pROFESSOR FÜR INTERNATIONALE BE- ZIEHuNGEN AN DER uNIVERSITé D’ALGER uND, NEBEN VIELEN ANDEREN puBLIKATIONEN, AuTOR VON „DER ISLAM uND DER WESTEN – BEGEG- NuNG MIT JACQuES DERRIDA“, WILHELM FINK VERLAG MÜNCHEN 2009. AuS DEM FRANZÖSISCHEN VON EVA NACKE
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