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Amt und Ordination in der reformierten Kirche - reformiert-info.de

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104 <strong>reformiert</strong>e akzente 8<br />

Raum bleibt. Die Verfasser<strong>in</strong> f<strong>in</strong><strong>de</strong>t diesen Weg <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Prozessphilosophie, wie sie von<br />

Alfred N. Whitehead begrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, <strong>und</strong> widmet ihr nun <strong>de</strong>n weitaus größten Teil ihrer<br />

Arbeit (Kap. 3, 4 <strong>und</strong> 6). Dabei nimmt sie das schwierige <strong>und</strong> eher tasten<strong>de</strong> Vokabular<br />

Whiteheads auf, vermag es aber so auszu<strong>de</strong>uten, dass es sich auch <strong>de</strong>m nicht theologisch<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> philosophisch gebil<strong>de</strong>ten Leser erschließt. Dazu trägt zum e<strong>in</strong>en das Whitehead-Glossar<br />

am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Buches bei, vor allem aber die ausgezeichnet gewählten Beispiele aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Alltagswelt, die von je<strong>de</strong>m Leser <strong>und</strong> je<strong><strong>de</strong>r</strong> Leser<strong>in</strong> nachvollzogen wer<strong>de</strong>n können (<strong><strong>de</strong>r</strong> Igel,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Straße e<strong>in</strong> Bremsmanöver mit Unfallfolge verursacht als nur e<strong>in</strong> Exempel für<br />

das Wechselspiel von Han<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> Erlei<strong>de</strong>n, S. 150f.).<br />

Whitehead selbst hat ke<strong>in</strong>e Umweltethik entworfen <strong>und</strong> sich auch nicht ausführlich<br />

mit Moral befasst. Jedoch kann er laut Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Au die Basis liefern, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> sich e<strong>in</strong>e Ethik<br />

für die Interaktion <strong>de</strong>s Individuums mit se<strong>in</strong>er Umwelt aufbauen lässt. Auch hier liegt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ausgangspunkt beim Individuum, aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Zielpunkt ist nicht se<strong>in</strong> Überleben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die<br />

Wahrnehmung se<strong>in</strong>er Umwelt. Dafür bietet die Prozessphilosophie wertvolle Anhaltspunkte,<br />

von <strong>de</strong>nen aus sich das Verständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Ethik gr<strong>und</strong>legend verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t: Die Philosophie<br />

<strong>de</strong>s Wer<strong>de</strong>ns <strong>und</strong> Wirkens ermöglicht es, e<strong>in</strong> Individuum zu <strong>de</strong>nken, das e<strong>in</strong>erseits zutiefst<br />

mit se<strong>in</strong>er Umwelt verknüpft ist, das sich aber an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits im Wechselspiel mit ihr se<strong>in</strong>e<br />

Individualität <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e ureigenste Wahrnehmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwelt bewahrt. Die Frage lautet<br />

nun nicht mehr: „Welche Normen lege ich me<strong>in</strong>em Han<strong>de</strong>ln zugr<strong>und</strong>e?” Son<strong><strong>de</strong>r</strong>n: „Wie<br />

verhalte ich mich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Umwelt, um mich me<strong>in</strong>em Menschse<strong>in</strong> immer mehr als würdig<br />

zu erweisen?” Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Au führt hier <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> „Wahrnehmung” e<strong>in</strong>: Wahrnehmung<br />

geschieht im Erleben <strong>und</strong> im Interpretieren <strong>de</strong>s Erlebten, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Wechselwirkung<br />

me<strong>in</strong>er persönlichen <strong>und</strong> affektiven Beziehung zur Umwelt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Erfahrungen, die ich<br />

mit ihr mache. Wahrnehmen geschieht durchaus aus emotionaler Verb<strong>und</strong>enheit mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Natur. Dennoch verwehrt sich die Verfasser<strong>in</strong> gegen e<strong>in</strong>e diffuse <strong>und</strong> esoterische „Bauchs<strong>und</strong><br />

Gefühlsethik”; sie macht vielmehr diesen Ansatzpunkt e<strong>in</strong>er theoretischen Durchdr<strong>in</strong>gung<br />

zugänglich, <strong>in</strong><strong>de</strong>m sie <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrnehmung anhand ethischer Kriterien<br />

überprüft <strong>und</strong> für die Ethik aus<strong>de</strong>utet (Kap. 5). Sie verweist dabei auf das Christentum als<br />

Leitorientierung dafür, wie Menschen wahrnehmen können.<br />

An dieser Stelle erwartet die Leserschaft nun e<strong>in</strong>e spezifisch christliche Umweltethik,<br />

die allerd<strong>in</strong>gs zugunsten e<strong>in</strong>er erneuten Reflexion über <strong>de</strong>n prozessphilosophischen Modus<br />

<strong>de</strong>s Se<strong>in</strong>s <strong>und</strong> Wer<strong>de</strong>ns verschoben wird. Das 6. Kapitel be<strong>in</strong>haltet vielmehr die Po<strong>in</strong>te <strong>in</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verknüpfung von Prozessphilosophie <strong>und</strong> Ethik durch <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> Achtsamkeit.<br />

Die Verfasser<strong>in</strong> versäumt es lei<strong><strong>de</strong>r</strong>, hier e<strong>in</strong>e christlich-achtsame Wahrnehmung auszuführen,<br />

wie es durchaus auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>s biblischen Zeugnisses nahe läge. Sie stellt sich<br />

ansatzweise dieser Aufgabe erst im folgen<strong>de</strong>n Abschnitt über <strong>de</strong>n prozessphilosophisch hergeleiteten<br />

„Frie<strong>de</strong>n Gottes” (Whitehead) <strong>in</strong> Beziehung zu <strong>de</strong>m vom christlichen Ethos her<br />

bestimmten Geist Gottes (Kap. 7). Diese Beziehung bestehe im Ereignis von Gottes Schöpfung,<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ermöglichung von Handlungsfreiheit <strong>und</strong> schließlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von Christus<br />

bestimmten Leben. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> dieser Aspekte wird von Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Au kurz ausgeführt, allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Weise, dass er auch Gr<strong>und</strong>lagen e<strong>in</strong>er Theorie über die Seelsorge se<strong>in</strong> könnte („Gott<br />

... ist die Quelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Hoffnung, dass es nicht so bleiben muss.”, S. 201, o<strong><strong>de</strong>r</strong>: „Liebe sieht

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