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Amt und Ordination in der reformierten Kirche - reformiert-info.de

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G. Noltensmeier, Reformiert – <strong>in</strong> Lippe 9<br />

Schon früh hatte man sich <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Grafschaft <strong>de</strong>m Gedankengut aus<br />

Wittenberg geöffnet. Die Alte Hansestadt Lemgo mit ihren reichen<br />

Kaufleuten war vorangegangen. 1533 g<strong>in</strong>g Lemgo zur reformatorischen<br />

Lehre über. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Städte <strong><strong>de</strong>r</strong> Grafschaft folgten. Landgraf Philipp<br />

von Hessen übte e<strong>in</strong>en bestimmen<strong>de</strong>n E<strong>in</strong>fluss aus. 1538 erschienen<br />

die lippischen Pastoren <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Vituskirche, <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen <strong><strong>reformiert</strong>en</strong><br />

Erlöserkirche am Markt von Detmold, um die „Zusage e<strong>in</strong>er<br />

ungesäumten E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reformation <strong>in</strong> ihrem Kirchspiel“ zu geben.<br />

1542 wur<strong>de</strong> Antonius Corv<strong>in</strong>us zum Generalsuper<strong>in</strong>ten<strong>de</strong>nten bestellt<br />

<strong>und</strong> führte die ersten Visitationen durch. Seit 1571 gibt es e<strong>in</strong> lippisches<br />

Konsistorium. Und nun, am 2. Juni 1605, predigt <strong><strong>de</strong>r</strong> Detmol<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Super<strong>in</strong>ten<strong>de</strong>nt wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vituskirche am Markt über die<br />

„coena dom<strong>in</strong>i“. Graf Simon VI, se<strong>in</strong>e Familie, <strong><strong>de</strong>r</strong> Hofstaat nehmen an<br />

<strong>de</strong>m Gottesdienst teil. Bei <strong>de</strong>m Abendmahl wer<strong>de</strong>n nicht, wie bisher,<br />

Oblaten gereicht. Das Brot wird gebrochen. Schon längst hatten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Graf <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Generalsuper<strong>in</strong>ten<strong>de</strong>nt mit ihren theologischen Beratern<br />

die Ubiquitätslehre <strong>und</strong> die manducatio oralis verworfen. Die neue<br />

Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Feier <strong>de</strong>s Abendmahls ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Abschluss e<strong>in</strong>er Entwicklung,<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> man sich an Melanchthon anlehnt. Die Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

reformatorischen <strong>Kirche</strong> ist die programmatische I<strong>de</strong>e, nicht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Konfessionswechsel. In bürgerlichen <strong>und</strong> bäuerlichen Kreisen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grafschaft regt sich teils heftiger Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand. Es gibt große Unruhen.<br />

Pastoren, die <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>sherrn folgen, wer<strong>de</strong>n als „calv<strong>in</strong>istische Pfaffen“<br />

gescholten. In Lemgo aber, reich <strong>und</strong> selbstbewusst, kommt es<br />

zum Aufruhr, zur „Lemgoischen Revolution“. Der Pfarrer an <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadtkirche<br />

St. Nicolai, vom Rat <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt gestützt, lehnt die Neuerungen<br />

<strong>de</strong>s Grafen ab. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufung dieses Pfarrers aber war e<strong>in</strong> <strong>de</strong>utlicher<br />

Akzent gesetzt wor<strong>de</strong>n. „Er war dadurch gekennzeichnet, dass <strong>de</strong>n <strong><strong>reformiert</strong>en</strong><br />

Ten<strong>de</strong>nzen im Territorium e<strong>in</strong>e orthodox-lutherische Position entgegengesetzt<br />

wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Streit <strong><strong>de</strong>r</strong> Konfessionen erneut zur Angelegenheit<br />

je<strong>de</strong>s e<strong>in</strong>zelnen Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>glie<strong>de</strong>s wur<strong>de</strong>.“ 2<br />

Dieser Streit zwischen <strong>de</strong>m lutherischen Lemgo <strong>und</strong> <strong>de</strong>m reformerischen<br />

Lan<strong>de</strong>sherrn sche<strong>in</strong>t beigelegt, als Lemgo im Jahr 1609 nach<br />

e<strong>in</strong>er Blocka<strong>de</strong> die Oberhoheit <strong>de</strong>s Grafen auch <strong>in</strong> geistlichen <strong>und</strong><br />

theologischen Belangen anerkennt. „Damit schien <strong><strong>de</strong>r</strong> Frie<strong>de</strong> hergestellt<br />

zu se<strong>in</strong>. Alle<strong>in</strong> es lag dauernd e<strong>in</strong>e Gewitterschwüle über <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt, <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Herzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bürger hatte sich e<strong>in</strong> förmlicher Groll e<strong>in</strong>genistet. Wie -<br />

wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> angehäufte Zündstoff e<strong>in</strong>es Tages <strong>in</strong> lo<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Flammen auf-<br />

Am 2. Juni 1605<br />

predigt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Detmol<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Super<strong>in</strong>ten<strong>de</strong>nt<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vituskirche am<br />

Markt über die<br />

„coena dom<strong>in</strong>i“.<br />

2 HEINZ SCHILLING, Konfessionskonflikt <strong>und</strong> Staatsbildung. E<strong>in</strong>e Fallstudie über das Verhältnis<br />

von religiösem <strong>und</strong> sozialem Wan<strong>de</strong>l <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühneuzeit am Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong> Grafschaft Lippe, Gütersloh<br />

1981, 235.

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