Amt und Ordination in der reformierten Kirche - reformiert-info.de
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92 <strong>reformiert</strong>e akzente 8<br />
So ist <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />
<strong><strong>reformiert</strong>en</strong><br />
Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />
Lan<strong>de</strong>skirchen<br />
die Übung von<br />
geistlicher<br />
Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>leitung<br />
fast vollständig<br />
verschw<strong>und</strong>en.<br />
aufgaben widmen, e<strong>in</strong> mangeln<strong>de</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> dafür, dass sie die F<strong>in</strong>anz-<br />
<strong>und</strong> Verwaltungsangelegenheiten e<strong>in</strong>er christlichen Geme<strong>in</strong><strong>de</strong><br />
<strong>und</strong> nicht e<strong>in</strong>es beliebigen Vere<strong>in</strong>s wahrnehmen. Diese Unterstellung<br />
trifft nicht zu. Außer<strong>de</strong>m: die heutige Aufgabenfülle führt viel zu oft dazu,<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> „geistlichen Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>leitung“ völlig aus <strong>de</strong>m<br />
Blick gerät <strong>und</strong> – <strong>in</strong>nerlich – stillschweigend an <strong>de</strong>n Pastor o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Pastor<strong>in</strong><br />
abgetreten wird. Das ist nicht gut, we<strong><strong>de</strong>r</strong> für die Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> noch<br />
für <strong>de</strong>n Pastor o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Pastor<strong>in</strong>. Darum plädiere ich nachdrücklich für<br />
e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung <strong>de</strong>s presbyterialen Systems, die <strong>in</strong> Wahrheit e<strong>in</strong>e<br />
Rückkehr zu e<strong>in</strong>em bereits bewährten Verfahren ist, <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e, es<br />
sollte <strong>in</strong> je<strong><strong>de</strong>r</strong> Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> zwei Leitungsgremien mit eigener Aufgabenstellung<br />
geben: e<strong>in</strong>en Verwaltungsrat für die Geschäftsführung <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />
Presbyterium für die geistliche Leitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>.<br />
Geistliche Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>leitung<br />
Was aber könnte „geistliche Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>leitung“ heutzutage konkret be<strong>de</strong>uten?<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit war damit die „spezielle <strong>Kirche</strong>nzucht“<br />
geme<strong>in</strong>t. Ihre Übung setzte allerd<strong>in</strong>gs voraus, dass feste <strong>und</strong> allgeme<strong>in</strong><br />
akzeptierte Vorstellungen über die christliche Gestaltung <strong>de</strong>s Lebens,<br />
<strong>de</strong>n „christian way of life“, vorhan<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d; das ist heutzutage nicht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Fall. Außer<strong>de</strong>m setzte sie unausgesprochen voraus, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>zelne<br />
Mensch <strong><strong>de</strong>r</strong> Geme<strong>in</strong>schaft, hier: <strong><strong>de</strong>r</strong> Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>, das Recht zuerkennt,<br />
se<strong>in</strong>e Lebensgestaltung kritisch zu begleiten. Auch das ist heutzutage<br />
nicht mehr vorauszusetzen; es steht im Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch zu <strong>de</strong>m für uns alle<br />
selbstverständlichen Anspruch auf persönliche Freiheit <strong>und</strong> Autonomie<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „offenen Gesellschaft“. Man mag das begrüßen o<strong><strong>de</strong>r</strong> bedauern,<br />
es än<strong><strong>de</strong>r</strong>t nichts daran, dass wir heute unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>en „Rahmenbed<strong>in</strong>gungen“<br />
leben, die <strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>zelne Mensch <strong>und</strong> auch die Geme<strong>in</strong><strong>de</strong><br />
sich nicht nach Belieben aussuchen können. Nur <strong>in</strong> sich fest geschlossene<br />
<strong>und</strong> nach außen <strong>de</strong>utlich abgegrenzte Gruppen vermögen gegenüber<br />
ihren Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n e<strong>in</strong> bestimmtes <strong>und</strong> für alle verb<strong>in</strong>dliches Ethos<br />
durchzusetzen, allerd<strong>in</strong>gs um <strong>de</strong>n Preis, dass dafür <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel e<strong>in</strong> erheblicher<br />
moralischer Druck auf <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>zelnen ausgeübt wird, wie es<br />
typischer Weise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Sekte“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall ist. Das wird <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> christlichen<br />
Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> niemand wollen können.<br />
So ist <strong>in</strong> <strong>de</strong>n <strong><strong>reformiert</strong>en</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong>reformiert</strong>er Tradition geprägten<br />
Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>skirchen die Übung von geistlicher Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>leitung<br />
im früheren S<strong>in</strong>ne, also als „<strong>Kirche</strong>nzucht“, fast vollständig<br />
verschw<strong>und</strong>en – e<strong>in</strong>e gewisse Ausnahme bil<strong>de</strong>t noch immer die<br />
Ev.-alt<strong>reformiert</strong>e <strong>Kirche</strong>. E<strong>in</strong>e große Lan<strong>de</strong>skirche hat vor kurzem erklärt,<br />
dass „<strong>Kirche</strong>nzucht“ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Zulassung zum o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>es<br />
Ausschlusses vom Abendmahl gar nicht statthaft sei, weil solches <strong>de</strong>m