66 <strong>reformiert</strong>e akzente 8 Gewissensfreiheit sowie das Streiten gegen <strong>de</strong>n Tod <strong>und</strong> für das Leben s<strong>in</strong>d die bei<strong>de</strong>n Lebensäußerungen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sich <strong><strong>de</strong>r</strong> E<strong>in</strong>zelne <strong>und</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Christen nach außen wen<strong>de</strong>n. Diese Hoffnung bewährt sich <strong>in</strong> doppelter Weise: als Selbstbegrenzung <strong>und</strong> als Selbstentgrenzung. Die ihren Herrn als <strong>de</strong>n Gegenwärtigen bekennen<strong>de</strong> <strong>Kirche</strong> begrenzt sich, <strong>in</strong><strong>de</strong>m sie sich selbst <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Gegenstand ihrer Hoffnung, das Reich Gottes, unterschei<strong>de</strong>t. Sie weiß um die Vorläufigkeit aller geschichtlichen Darstellungsversuche, <strong>Kirche</strong> Jesu Christi zu se<strong>in</strong>. Ihre Bestimmung <strong>und</strong> Verheißung übersteigt das, was auch immer sie <strong>in</strong> ihrer vollkommensten Gestalt zeigen kann. 68 Kirchliche Beschei<strong>de</strong>nheit ist darum die Lebensäußerung, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> die Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> ihre Hoffnung bewahrt. „Hoffen ist ke<strong>in</strong> leeres Wähnen“ – <strong>in</strong> diese Worte fasst das Schweizer Gesangbuch Ps 84,8, was zugleich e<strong>in</strong> adäquater Ausdruck e<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong> ist, die um ihre Vorläufigkeit <strong>und</strong> Bestimmung weiß. 69 Der an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Aspekt ist die Selbstentgrenzung. Calv<strong>in</strong> schreibt von <strong><strong>de</strong>r</strong> Freiheit <strong>de</strong>s Gewissens, <strong><strong>de</strong>r</strong> Hei<strong>de</strong>lberger vom Streiten gegen die Fe<strong>in</strong><strong>de</strong> <strong>de</strong>s Lebens. Bei<strong>de</strong> Aspekte verhalten sich komplementär zue<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>. Gewissensfreiheit sowie das Streiten gegen <strong>de</strong>n Tod <strong>und</strong> für das Leben s<strong>in</strong>d die bei<strong>de</strong>n Lebensäußerungen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sich <strong><strong>de</strong>r</strong> E<strong>in</strong>zelne <strong>und</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Christen nach außen wen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sich dar<strong>in</strong> selbst entgrenzen, dass sie sich <strong>de</strong>m bedrohten Leben zuwen<strong>de</strong>n. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Januar-Fassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Barmer Erklärung (1934) gesprochen: Die christliche Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> bekennt sich zur Not <strong>de</strong>s Menschen <strong>und</strong> vertraut <strong><strong>de</strong>r</strong> ihm wi<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrenen Barmherzigkeit. 70 Die Dialektik von Selbstbegrenzung <strong>und</strong> Selbstentgrenzung sche<strong>in</strong>t gera<strong>de</strong> für das ökumenische Gespräch e<strong>in</strong>e angemessene Ver<strong>de</strong>utlichung <strong><strong>de</strong>r</strong> königlichen Wirksamkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Christen zu se<strong>in</strong>. 8. Das Überqueren von zehn Ozeanen Im April 1552 schreibt Calv<strong>in</strong> an <strong>de</strong>n englischen Reformator <strong>und</strong> Bischof Thomas Cranmer, er wür<strong>de</strong> voller Freu<strong>de</strong> zehn Ozeane überqueren, um die E<strong>in</strong>heit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kirche</strong> zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 71 Calv<strong>in</strong> <strong>und</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e haben mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Dreiämterlehre m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong>en Ozean überquert. Ihnen ist es gelungen, die Initialzündung für e<strong>in</strong>en theologischen Denkprozess zu geben, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m Auftrag <strong><strong>de</strong>r</strong> christlichen <strong>Kirche</strong>n <strong>in</strong>sgesamt auf <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong> geht. Die vorgetragenen Überlegungen s<strong>in</strong>d von <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzeugung geleitet, dass sich die <strong>reformiert</strong>e Theologie gera<strong>de</strong> mit diesem 68 Vgl. WEINRICH, <strong>Kirche</strong> bekennen, a.a.O., 37f. 69 Schweizer Gesangbuch (1952), Psalm 84, Str. 2. 70 Erste Barmer Erklärung vom 4.1.1934, Abschnitt III, Satz 1, <strong>in</strong>: BSKORK 330,30-42. 71 CO 14, 312-314 (Nr. 1619); dt. Übers. v. RUDOLF SCHWARZ, Johannes Calv<strong>in</strong>s Lebenswerk <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Briefen, Bd. 2, Neukirchen 1962, 596; vgl. LUKAS VISCHER, Pia Conspiratio. Calv<strong>in</strong> on the Unity of Christ’s Church, John Knox Series 12, Genf 2000.
M. Freu<strong>de</strong>nberg, Vom dreifachen <strong>Amt</strong> Christi zu <strong>de</strong>n Diensten <strong><strong>de</strong>r</strong> christlichen Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> 67 Thema, das <strong>in</strong> ihrer Tradition e<strong>in</strong> noch längst nicht ausgeschöpftes Profil gewonnen hat, erneut zu Wort mel<strong>de</strong>n sollte – dies übrigens auch <strong>de</strong>shalb, weil das Konzept von <strong>de</strong>n drei Ämtern e<strong>in</strong> herausragen<strong>de</strong>s Band mit Israel <strong>und</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> jüdischen Theologie ist.
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