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Nr. 3/2011 - ANAV

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Reblage Trüllikon. Das Verwaltungsgericht wird wohl eintscheiden,<br />

wie in den Zürcher Rebbergen die Kirche wieder ins Dorf kommt.<br />

(Aufnahme: Roland Müller)<br />

umliegenden Kantone sehr ähnliche<br />

Regelungen getroffen wie der<br />

Kanton Zürich. Bezüglich der AOC-<br />

Weine seien die Konsumenten<br />

meist gut informiert und sich also<br />

allfälliger Mischverhältnisse bewussst.<br />

Von einer Täuschungsgefahr<br />

sei daher nicht auszugehen,<br />

betonte der Rekursgegner.<br />

Die erste Rekursinstanz, die<br />

Baudirektion, argumentierte, das<br />

LMG bezwecke, die Konsumenten<br />

im Zusammenhang mit Lebensmitteln<br />

vor Täuschungen zu schützen.<br />

Täuschend seien namentlich Angaben,<br />

die beim Konsumenten<br />

falsche Vorstellungen über die<br />

Herkunft des Lebensmittels<br />

wecken könnten. Die Verordnung<br />

des EDI über alkoholische Getränke<br />

lege die Anforderung an<br />

diese, einschliesslich Wein, genauer<br />

fest. Gemäss dieser Verordnung<br />

gelte für die Mischung von<br />

Schweizer Wein mit Schweizer<br />

Wein, dass AOC-Wein insgesamt<br />

bis höchstens 10 Prozent mit Weinen<br />

gleicher Farbe verschnitten<br />

werden dürfe.<br />

Regelung «geeignet, die<br />

Konsumenten zu täuschen»<br />

Konsumenten in der Schweiz dürften<br />

aufgrund dieser Bestimmungen<br />

des LMG davon ausgehen,<br />

Ami du Vin 3/11<br />

dass AOC-Weine, die eine zusätzliche<br />

kantonale geografische Bezeichnung<br />

einer Gemeinde tragen,<br />

zu 90 Prozent aus der bezeichneten<br />

Gemeinde stammten, folgert<br />

die Baudirektion: «Es erscheint somit<br />

klar», heisst es weiter, «dass<br />

ein AOC-Wein mit Gemeindebezeichnung,<br />

der zu 40 Prozent aus<br />

einer anderen, nicht auf der Etikette<br />

deklarierten Gemeinde<br />

stammt, geeignet ist, die Konsumenten<br />

zu täuschen. Sie haben<br />

bei Weinen mit Ursprungsbezichnung<br />

nicht mit einem Verschnitt in<br />

dieser Grössenordnung zu rechnen.»<br />

Zudem heisst es in der Verfügung<br />

der Baudirektion, auch der<br />

Umstand, dass offenbar mehrere<br />

der umliegenden Kantone ähnliche<br />

Regelungen wie der Kanton<br />

Zürich getroffen hätten, ändere<br />

nichts an dieser Einschätzung:<br />

«Der Antrag des Rekurrenten ist<br />

daher gutzuheissen und die in der<br />

angefochtenen Verfügung vorgesehene<br />

Verschnittregel aufzuheben,<br />

soweit sie gegen Bundesrecht<br />

verstösst.»<br />

Magazin<br />

Kommentar<br />

Nicht nur Gefahr, sondern auch Chance<br />

Es ist anzunehmen, dass mehr als ein Betroffener gegen die Verfügung<br />

der Baudirektion beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich<br />

Beschwerde einreichen wird. Letzte Instanz für die Beurteilung einer<br />

Beschwerde wäre schliesslich das Bundesgericht.<br />

Die Interessen des Grossteils der Produktion sind mit jenen des Bundesamts<br />

für Gesundheit in keiner Weise vereinbar. Vom Lebensmittelrecht<br />

mit der Verordnung über alkoholische Getränke, inkl. Wein fühlt man<br />

sich ebensowenig betroffen wie vom indirekten Vorwurf der Täuschung<br />

des Konsumenten. Die Reaktionen weisen vielmehr darauf hin, dass die<br />

Verfügung, sollten die Beschwerden dagegen erfolglos sein, verheerende<br />

Auswirkungen nicht nur auf die Zürcher, sondern schliesslich auf die<br />

ganze Schweiz haben könnten. Der erste Aufschrei aus Kreisen des Rebbaus<br />

in der regionalen Presse war entsprechend laut und sehr besorgt:<br />

Die Traubenproduktion aus weniger bekannten oder weniger gefragten<br />

Gemeinden, die bisher bei renommierteren Gemeindenamen untergebracht<br />

werden konnte, würde an Wert verlieren, müsste namenlos in der<br />

kantonalen AOC verschwinden, zu Landwein oder Tafelwein verwertet<br />

werden und würde mittelfristig wohl aufgegeben. Dies mit gravierenden<br />

wirtschaftlichen Konsequenzen für die betroffenen Produzenten und negativen<br />

Folgen für den Landschaftsschutz. In Jahren mit geringem Ertrag<br />

hätten die Gemeinden mit gutem Marktwert zu wenig Wein und<br />

könnten die Nachfrage nicht decken. Das Manko würde schliesslich an<br />

der Verkaufsfront mit ausländischen Weinen kompensiert.<br />

Nichts zu hören war von den Chancen, welche sich aus dem Zwang zu<br />

neuen Problemlösungen ergeben können. Die Bildung von grösseren<br />

geografischen Gebieten zu einem einzigen Produktionsgebiet mit kontrollierter<br />

Ursprungsbezeichnung wurde ja gerade im Kanton Zürich mit<br />

der Bildung der Region «Zürichsee AOC» vorgemacht. Weshalb nicht zusammenhängende<br />

Gebiete mehrerer Gemeinden unter einem attraktiven<br />

Namen zu einem Gebiet mit Ursprungsbezeichnung definieren? Damit<br />

würde man auch eine breitere Grundlage für einen gemeinsamen Werbeauftritt<br />

– und ein Signal setzen für eine langsame Annäherung an<br />

noch grosszügigere Lösungen.<br />

Wichtig wäre, dass die Diskussionen über «Mischungen», «Mischverhältnisse»<br />

oder «Verschnitt» bald nicht mehr in der Öffentlichkeit, sondern<br />

im Branchenverband geführt würden. Ob dieser über den Rechtsweg<br />

die mühsam erarbeitete Verfügung doch noch retten kann, ist<br />

ungewiss. Sicher ist aber, dass ohne Rekurs an das Verwaltungsgericht<br />

künftig im Kanton Zürich mindestens 90 Prozent des Weins aus der Gemeinde<br />

stammen muss, welche als «zusätzliche kantonale geografische<br />

Bezeichnung» benutzt wird.<br />

Das letzte Wort im Streit um das Mischverhältnis dürfte aber wohl noch<br />

lange nicht gesprochen sein. Auch das Bundesamt für Gesundheit könnte<br />

sich in der Sache engagieren, um die in der Verordnung über alkoholische<br />

Getränke festgelegten Anforderungen national durchzusetzen. –<br />

Es wäre aber fatal, wenn am Schluss das Bundesgericht darüber entscheiden<br />

müsste, wie viel Wein einer anderen als der auf der Etikette angegebenen<br />

Gemeinde zugemischt werden darf, ohne dass die Bezeichnung<br />

täuschend wird.<br />

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