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Die Publikation im PDF-Format - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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sich für Missionare halten und sichin ihrem Beruf für best<strong>im</strong>mte Werteund Ideen einsetzen wollen.Doch die meisten investigativenJournalisten können sich mit diesemSelbstverständnis nicht identifizieren.Sie sehen sich nicht als „Missionare“,we<strong>der</strong> in den USA noch inDeutschland. „Redakteure, die sichwie Missionare, nicht wie Journalistengebärden, sind PR-Leute vonSachen o<strong>der</strong> Personen“ 91 , glaubtHans Leyendecker. Vor Journalistik-Studenten <strong>der</strong> Universität Dortmundführte Leyendecker dieseÜberlegung <strong>im</strong> Juni 2001 weiter aus:„Der recherchierende Journalist istkein Rächer. Er darf sich nicht einbilden,dass er die Welt, geschweigedenn die Politik o<strong>der</strong> Wirtschaft verän<strong>der</strong>nkönnte. Was er tut, bewirktin <strong>der</strong> fünften o<strong>der</strong> zehnten Stellehinter dem Komma ein Nachdenken,ein Zögern, eine Selbstprüfung.Aber auch das ist schon eine ganzeMenge.“ 92 Und in einem Interviewmit <strong>der</strong> „Woche“ antwortete er aufdie Frage, wie er nach all den Skandalenüberhaupt noch wählen gehenkönne: „Wenn du das näher an dichrankommen lässt, wirst du zum Eiferer.Und wenn du zum Eifererwirst, hast du verloren.“ 93 Das heißtnicht, dass investigative Journalistenvöllig emotionslose Menschen, quasirecherchierende Roboter seinmüssen. Auch sie treibt <strong>der</strong>„Wunsch nach ein bisschen Gerechtigkeit“94 um.Dan Noyes, Vorsitzen<strong>der</strong> des amerikanischen„Centre for InvestigativeReporting“, ist „ständig auf <strong>der</strong>Suche nach Reportern, die leidenschaftlichnach verborgenen Informationengraben“ 95 . Und ThomasLeif hat sein Buch über Skandal-Geschichten und Enthüllungs-Berichtesogar „Leidenschaft: Recherche“genannt.Es besteht demnach ein Unterschiedzwischen Leidenschaft und Eifer.Denn wer eifert, wird schnell übereifrig.Und dann begeht er Fehler,die gerade während einer brisantenRecherche fatal sein können. LeoMüller, heute Redakteur des „Stern“<strong>im</strong> Büro in Düsseldorf, kennt siebenFallen, in die Enthüller häufig tappen:<strong>Die</strong> Informanten-, die Dokumenten-,die Internet-, die Archiv-,die Beobachtungs-, die Produktionsunddie Zeitdruckfalle. 96 Es gibt Informanten,die gelernte Lügner sind.Dokumente werden gefälscht. ImInternet stehen Veröffentlichungen,<strong>der</strong>en Routing-Informationen zuden falschen Urhebern führen. Aufdie Inhalte von Datenbanken undan<strong>der</strong>en Archiven ist kein Verlass,weil dort gelöscht und manipuliertwird. Selbst die eigenen Beobachtungenkönnen trügerisch sein, weilRealität bewusst inszeniert werdenkann. Und schließlich führen Zeit-129

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