31.07.2015 Aufrufe

Die Publikation im PDF-Format - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Publikation im PDF-Format - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Publikation im PDF-Format - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Leser und Zuschauer werden mitangeblichen Enthüllungen bombardiert.Üblicherweise stehen Journalisten,wenn sie nicht Günter Jauch heißen,in wenig hohem Ansehen. In denletzten Monaten waren aber ganzan<strong>der</strong>e Töne zu hören. In großerKoalition wurde dem deutschenJournalismus das Etikett einerMacht <strong>im</strong> Staate aufgeklebt. Dass dieKontrollfunktion <strong>der</strong> Presse unersetzbarsei, hörten wir von denSonntagsrednern. Tatsächlich gibt esdie Idee einer Kräfteverteilung zwischenBürgern, Machtinhabern undKontrolleuren. Den Politikern undWirtschaftsführern stehen, jedenfallsin <strong>der</strong> Theorie, völlig unabhängigeJournalisten gegenüber, diewirtschaftliche und politische Prozessetransparent machen und denMächtigen auf die Finger schauen.Ich soll heute über die moralischeMacht <strong>der</strong> Medien sprechen undeine Antwort auf die Frage versuchen,was investigativer Journalismus,<strong>der</strong> nicht nur Wortgesummseist, bewirken kann. Zunächst: Redenwir über Moral o<strong>der</strong> reden wirüber Geschäfte? Mit dem BegriffMoral sollte man als Journalist, zumalwenn es um das eigene Gewerbegeht, sehr vorsichtig umgehen.Investigativer Journalismus kanndann zum Zuge kommen wenn an<strong>der</strong>eInstanzen versagen. Welcher<strong>der</strong> großen politischen Skandale <strong>der</strong>Nachkriegszeit ist mit Hilfe einesParlaments ans Licht gekommen?Keiner. Welcher Untersuchungsausschusswar mehr als ein Kampfinstrument<strong>der</strong> Parteien? Wenige. Je<strong>der</strong>Mächtige, <strong>der</strong> das Parlament betritt,kann sich auf seine Fraktion verlassenund manchmal auch auf die Opposition.<strong>Die</strong> demokratische Aufgabe<strong>der</strong> Kontrolle wird häufig nur zumSchein wahrgenommen, zu oft gibtes eine Kumpanei <strong>der</strong> Gegner.Scheinkämpfe werden geführt, undwenn es ernst wird, sitzen alle in einemBoot. Im Alltag versagt die parlamentarischeKontrolle, und auchdas normale Regelwerk passt nicht.Eine moralische Macht in diesemLande ist <strong>der</strong> Bundespräsident, abern<strong>im</strong>mt er sie wahr? Das Bundesverfassungsgericht,das wirklichnicht zuständig ist, muss sich heftigdagegen wehren, zur moralischenInstanz dieses Staates ernannt zuwerden. Und die jungen Wilden, diealles an<strong>der</strong>s machen wollen?Bei näherem Hinsehen kommt <strong>der</strong>Verdacht auf, dass sie am Ende nurregieren wollen. <strong>Die</strong> Macht ist obszön,das freut die Wut, heißt es in einembös-ironischen Kalen<strong>der</strong>spruchvon Hans Magnus Enzensberger.In jedem Wahlkampf hören Sie denSatz, man müsse verhin<strong>der</strong>n, dassXY an die Macht komme. Dahinterverbirgt sich die Erkenntnis, dass17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!