PS 12/2016
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Das bergige Hinterland der Provence<br />
bietet Kurvenaction vom Feinsten<br />
WICHTIGE ÄNDERUNGEN<br />
MOTOR & PERIPHERIE<br />
– neues Mapping der Motorsteuerung<br />
– größere Katalysatoren<br />
– Anti-Hopping-Kupplung mit Servo-<br />
Unterstützung<br />
– Aktivkohlefilter zur Tankentlüftung<br />
ELEKTRONIK<br />
– Inertial Measurement Unit (IMU) zur<br />
Erkennung des Fahrzustands und Steuerung<br />
der elektronischen Fahrassistenzen<br />
FAHRWERK<br />
– komfortablere Abstimmung der Federelemente<br />
mal sieben Grad schon recht frisch.<br />
Doch selbst später mit durchgewärmtem<br />
Gummi bleibt der S 1000 SX eine ungeliebte<br />
Eigenart: ausgeprägtes Aufstellmoment<br />
beim Bremsen in Schräglage.<br />
Das liegt maßgeblich an der Serienbereifung<br />
Bridgestone S 20 in Sonderspezifikation<br />
„N“. Die in die Jahre gekommene<br />
Pelle konnte schon auf der Vorgänger-SX<br />
nicht überzeugen. Hier hat Kawasaki<br />
die Chance vertan, dem Sporttourer<br />
modernere Sohlen zu spendieren.<br />
Trotzdem macht es riesig Laune, den<br />
Powerbolzen durch die Bergwelt zu<br />
scheuchen. Etwas Körpereinsatz genügt,<br />
schon gerät der Pilot in diesen magischen<br />
Kurven-Flow, der ihn alle Unzulänglichkeiten<br />
vergessen lässt. Auch die<br />
vier zusätzlichen Kilo sind egal, mit denen<br />
die Kawa jetzt an der 240-Kilo-Marke<br />
kratzen dürfte. Mit steigendem Speed<br />
schwingt sich die SX allerdings etwas<br />
auf, vor allem achtern wirkt sie leicht<br />
instabil. Absteigen, Dämpfung checken.<br />
Das obligatorische Drücken aufs Heck<br />
entlarvt eine zu lasche Abstimmung.<br />
Also etwas am Einstellschräubchen<br />
gedreht, auch an der Gabel, und schon<br />
pfeffert die Fuhre spürbar satter durchs<br />
– andere Umlenkung des Federbeins<br />
– neu abgestimmtes ABS mit Kurvenfunktion<br />
VERKLEIDUNG/SONSTIGES<br />
– größere Verkleidung und Windschild<br />
– LED-Beleuchtung<br />
– größere, komfortablere Sitze<br />
– um fünf Millimeter abgesenkte<br />
Sitzposition<br />
– neue Spiegel mit längeren Auslegern<br />
– neues Cockpit mit Ganganzeige und<br />
zusätzlichen Funktionen<br />
Geläuf. Bodenunebenheiten dringen<br />
nun allerdings deutlicher zum Fahrer<br />
durch, die Fuhre wirkt unkomfortabler.<br />
Was ist besser? Geschmackssache.<br />
Der weite Einstellbereich, vor allem<br />
am Federbein, ermöglicht für jeden<br />
Popometer ein passendes Setup. Eine<br />
Feinabstimmung inklusive Tipp folgt<br />
bei einem ausführlichen späteren Test.<br />
Modernste Elektronik steuert<br />
nun die Fahrassistenzen<br />
Hier und heute können wir aber schon<br />
viel über das neu abgestimmte ABS<br />
berichten. Dank moderner Trägheits-<br />
Sensorik, die den Fahrzustand genau<br />
erfasst (Stichwort IMU), regelt das System<br />
erfreulich spät und verhindert zudem<br />
verlässlich den Abflug über den<br />
Lenker durch eine steigende Maschine.<br />
Die neue, vom Volksmund üblicherweise<br />
als Kurven-ABS bezeichnete Fahrassistenz<br />
erlaubt zudem Vollbremsungen<br />
selbst in kühner Schräglage. Ein Pulsieren<br />
am Hebel zeugt von den Regelintervallen.<br />
Dazu beißen die Stopper<br />
nach wie vor kräftig zu, lassen sich<br />
bestens dosieren und liefern einen<br />
knackigen Druckpunkt – Hammer!<br />
Die zeitgemäße Elektronik steuert<br />
auch die dreistufige Traktionskontrolle.<br />
Je nach Position greift sie früher oder<br />
später ein. Fürs Landstraßenglühen<br />
taugt Einstellung zwei hervorragend, da<br />
sie zwar spät, aber selbst für ambitionierte<br />
Streifzüge nicht zu spät eingreift.<br />
Wer Wheelies ziehen möchte, muss die<br />
TC allerdings deaktivieren. Jede der<br />
drei Stufen stoppt den Einradtanz<br />
spätestens nach einem kurzen Hüpfer.<br />
Schade, denn die jetzige Hardware<br />
hätte es sicher erlaubt, Traktions- und<br />
Wheeliekontrolle getrennt zu regeln.<br />
Was fehlt zu guter Letzt? Richtig, der<br />
Motor. Dessen Innereien blieben komplett<br />
unangetastet, lediglich die Motorsteuerung<br />
(Mapping) stimmten die<br />
Ingenieure neu ab. Das genügte offenbar,<br />
um Leistung und Drehmoment auf<br />
bisherigem Niveau (142 <strong>PS</strong>, 111 Nm) zu<br />
halten – Chapeau! Euro 4 forderte lediglich<br />
den Einsatz größerer Katalysatoren<br />
und einen Aktivkohlefilter zur Tankentlüftung.<br />
An der Peripherie spendierte<br />
Kawasaki der SX eine feine Anti-Hopping-Kupplung,<br />
federleichte Bedienung<br />
dank Servo-Unterstützung inklusive.<br />
Ihr rauer Charme ist der Kawa<br />
dennoch geblieben. Powervoller Antritt,<br />
aggressives Auspuffbellen, kerniger<br />
Motorlauf: ein wohlbekanntes Gefühl.<br />
Das beantwortet auch die eingangs<br />
gestellte Frage: Ja, die S 1000 SX ist<br />
sich treu geblieben. Fans wird’s freuen,<br />
und auch Kritiker müssen anerkennen,<br />
dass die gezielten Änderungen den<br />
Sporttourer deutlich aufgewertet<br />
haben. Dass Kawasaki zudem den Preis<br />
der noch in diesem Jahr erhältlichen<br />
Maschine unter 13000 Euro halten<br />
möchte (endgültiger Preis bis Redaktionsschluss<br />
nicht klar), ist ebenfalls<br />
erfreulich. Treuetest bestanden.<br />
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