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An solchen Tagen könnte ich ...

Maggie Milton

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Sie wollte wohl gle<strong>ich</strong>zeitig Tiger und Löwe sagen, und so wurde dann eine neue<br />

Wortschöpfung geboren.<br />

Mona Marie war etwas konsterniert und dann kam meine Mutter auf den Hof. Die<br />

Frau walzte sofort auf sie zu und schwenkte dabei eine riesige Plastiktüte. Statt einer<br />

Begrüßung legte sie los: „Du hast ja schon wieder eine Kittelschütze an. Was sollen<br />

denn die Leute denken? Da kommt man drei Mal im Jahr hierher und du ziehst d<strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t vernünftig an. Aber <strong>ich</strong> habe vorher eingekauft und dir ein neues Kleid<br />

mitgebracht. Keine <strong>An</strong>gst wegen des Geldes, es war billig und <strong>ich</strong> konnte unmögl<strong>ich</strong><br />

daran vorbeigehen. Ich selber fühle m<strong>ich</strong> nach dieser langen Fahrt auch n<strong>ich</strong>t recht<br />

wohl und muss m<strong>ich</strong> jetzt erst einmal ausruhen. Aber vorher müssen wir noch etwas<br />

essen. Ich habe natürl<strong>ich</strong> auch dafür eingekauft. Sonderangebote, wohlgemerkt.<br />

Walter, pack doch schon mal die Taschen aus.“ Sie winkte herrisch dem Mann mit<br />

dem vollen, grauen Haar. „Und pass auf, dass Iris und Carola n<strong>ich</strong>t auf die Straße<br />

laufen. Stell dir vor, sie werden überfahren. Und das auch noch mit leerem Magen.<br />

Wo ist denn überhaupt Gerhard?“<br />

Sie blickte s<strong>ich</strong> suchend um. Gerhard war mein älterer Bruder, der aufs St<strong>ich</strong>wort aus<br />

dem Haus trat. Wohl um die Gäste zu begrüßen, was aber von Rosa sofort<br />

abgewürgt wurde.<br />

„Du hast ja schon wieder nur Hose und Pullover an. Du solltest mal einen <strong>An</strong>zug<br />

tragen. Hast du überhaupt einen? Es gibt doch schon ganz billige. Na ja,<br />

wahrscheinl<strong>ich</strong> würden s<strong>ich</strong> die Leute sowieso wundern, weil sie d<strong>ich</strong> immer nur so<br />

unordentl<strong>ich</strong> kennen. Der Heinr<strong>ich</strong> ist ja genauso. Immer nur diese Jeans anstatt mal<br />

Schlips und Kragen. Meinem Schwiegersohn predige <strong>ich</strong> das auch immer. Sogar<br />

Weihnachten trägt der immer nur Rollkragenpullover. Bei dem ist Hopfen und Malz<br />

verloren. Hat der s<strong>ich</strong> jetzt doch einen Bootsmotor gekauft, obwohl er gar kein Boot<br />

hat!“<br />

Rosa holte Luft, wobei ihr Gebiss ein klackendes Geräusch von s<strong>ich</strong> gab und meine<br />

Mutter nutzte die Pause, um die <strong>An</strong>kömmlinge endl<strong>ich</strong> ins Haus zu bitten. Dabei<br />

stellte <strong>ich</strong> noch kurz Mona Marie vor und Rosa konnte s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t verkneifen, sie zu<br />

fragen: „Wollen Sie wirkl<strong>ich</strong> den Heinr<strong>ich</strong> heiraten? Na ja, jeder muss sehen, wie er<br />

mit seinem Glück fertig wird. Warum haben Sie übrigens keine Haare?“<br />

Sie starrte Mona Maries Stoppelhaarschnitt entrüstet an. Diese konnte die herzl<strong>ich</strong>e<br />

Begrüßung nur mit gemäßigtem Enthusiasmus erwidern und schielte m<strong>ich</strong> in<br />

beträchtl<strong>ich</strong>er Panik an. Rosa fuhr unbeeindruckt fort: „Wir klären das mal nachher,<br />

es gibt ja heutzutage recht ordentl<strong>ich</strong>e Perücken, die billig sind. Aber jetzt muss <strong>ich</strong><br />

erst einmal mit meiner Schwester ein vertraul<strong>ich</strong>es Gespräch führen.“<br />

Das vertraul<strong>ich</strong>e Gespräch wurde im Wohnzimmer ausgetragen, wobei alle zuhören<br />

konnten oder besser mussten.<br />

Rosa teilte ihrer Schwester in weinerl<strong>ich</strong>em Ton mit, dass sie befürchte, bald zu<br />

sterben. Meine Mutter widersprach ihr und war der felsenfesten Überzeugung, dass<br />

sie zuerst sterben würde<br />

.

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